Frankfurter Buchmesse

Am Mittwoch beginnt die größte Buchfachmesse der Welt.Damit auch Privatbesucher was davon haben, hier ein paar Tipps

Ein Tag zwischen Büchern, Partys und Schnaps

Plan Sie wollen nicht Schlange stehen für DJ Bobo, sondern sich lieber auf Verlagspartys schnorren? Wir sagen Ihnen, wo und wie

Langweilig? Dann sind Sie wohl auf der falschen Veranstaltung gelandet. Damit das nicht noch mal passiert, sagen wir Ihnen, wo wirklich was los ist Fotos: Martin Lengemann/laif

Messe: Vom 19. bis 23. Oktober findet sie auf dem Frankfurter Messegelände statt. Die ersten drei Tage dürfen nur Fachbesucher rein, am Wochenende öffnet die Messe auch für Privatleute. Eine Tageskarte kostet 19 Euro, ermäßigt 13 Euro, die Wochenendkarte gibt es für 28 Euro. Im letzten Jahr kamen rund 275.000 Besucher zur Messe.

Geschichte: Im Jahr 1949 wurde sie vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels gegründet, wenngleich ihre Geschichte mehr als 500 Jahre zurückreicht. Seit 1988 wird jedes Jahr ein Gastland besonders herausgestellt, in diesem Jahr Flandern und die Niederlande, wie bereits 1993. Afrikanische Länder waren bisher übrigens noch gar nicht dabei.

Auszeichnungen: In den fünf Tagen der Buchmesse werden der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der Deutsche Jugendliteraturpreis, der deutsche Buchpreis und viele andere verliehen.

DJ-Bobo-freie Zone

Buchmesse ist, wenn sich riesige Menschenschlangen durch riesige Hallen an riesigen Verlagsständen vorbeischieben, um Wolf Biermann, Thorsten Schäfer Gümbel, DJ Bobo, Fredi Bobic, Andrea Sawatzki, Bärbel Schäfer oder Donna Leon über ihr Leben reden zu hören. Außerdem ist Buchmesse, wenn sich riesige Menschenschlangen durch riesige Hallen an riesigen Verlagsständen vorbeischieben, um riesige Tüten der Verlage abzugreifen, in denen Werbeprospekte für die Memoiren von Wolf Biermann, Thorsten Schäfer Gümbel, DJ Bobo, Fredi Bobic, Andrea Sawatzki, Bärbel Schäfer oder Donna Leon liegen.

Wen das nicht interessiert, der geht direkt zu Halle 4.1. und sucht in Gang C die Standnummer 37. Dort ist die Leseinsel der unabhängigen Verlage, also DJ-Bobo-freie Zone. Hier kann man die komplette Buchmesse verbringen. Denn hier sind die meisten der jungen, kleinen, unabhängigen, anderen Verlage. Im 30-Minuten-Takt stellen die Autoren dieser Verlage ihre Bücher vor, also stehen da ständig Leute rum, mit denen man wunderbar übers Tütenabgreifen und Schlangestehen für DJ Bobo plaudern kann. AKR

"Alle lieben ihn!"

Als Christoph Links seinen Verlag gründete – am Tag der Aufhebung der Zensur in der noch existierenden DDR am 1. Dezember 1989 – da war dies eine der ersten und spannendsten Verlagsgründungen Ostdeutschlands kurz nach dem Mauerfall. Anliegen war es zunächst, die „weißen Flecken“ der jüngsten deutschen Geschichte aufzuarbeiten, so der Verleger. Und auch, wenn heute brisante Bücher zu aktuellen Fragen erscheinen: Die Forschung zur Gesellschaft der DDR, zur Geschichte von Stasi, Mauer und Flucht steht nach wie vor im Fokus.

Es ist eine wunderbare Sache, dass der Ch. Links Verlag jetzt den renommierten Kurt Wolff Preis zur Förderung einer vielfältigen Verlagsszene bekommen hat. Ausgezeichnet wurde hier ein beharrlicher Verleger, der auch in einer Zeit weiter über die DDR publiziert hat, als viele meinten, eine Gesellschaft, die nicht mehr existiert, sei auch nicht mehr der Rede wert.

„Unfassbar kollegial“ sei der Verleger, heißt es von einem seiner Autoren. „Alle lieben ihn“, sagt ein Berliner Verleger. Wollen Sie nachsehen, ob das stimmt? Dann gehen Sie doch mal am Verlagsstand vorbei, Halle 4.1, Stand F 61. SM

Bob Dylan, everywhere

An dieser Stelle wollten wir den Besuch des Verlags empfehlen, der die Bücher des diesjährigen Nobelpreisträgers herausgibt. Dieses Jahr ist das halt ein bisschen schwierig – könnte man denken. Stimmt aber nicht. Denn selbstverständlich gibt es von und zu Bob Dylan Bücher. Und so lohnt es sich, im Erdgeschoss der Buchmessen-Halle 3 einmal beim Verlag Hoffmann und Campe vorbeizuschlendern.

Der Verlag dreht in dieser Sache gerade auf. Eine Ausgabe seiner Songtexte ist unter dem klassischen Titel „Lyrics (1961–2016)“ in Vorbereitung. Gisbert Haefs wird sämtliche Dylan-Texte bis zu seinem Album „Tempest“ übersetzen. Englischer Originaltext und deutsche Übertragung werden beide abgedruckt. Außerdem ist auch Dylans Autobiografie „Chronicles. Volume One“ bei Hoffmann und Campe erschienen.

Und etwas durch die Hallen schlendern kann man in Sachen Dylan auch. Beim Stand des Palmyra Verlags findet sich etwa der Band „Bob Dylan. In eigenen Worten“. Der Reclam Verlag wird die Studie „Bob Dylan“ des Literaturwissenschaftlers Heinrich Detering gut präsentieren. Und sicher gibt’s da noch viel mehr. drk

Autoren zum Anfassen

Autoren, Übersetzer, Verleger, Buchhändler, Agenten, PR-Leute und Journalisten bleiben in Frankfurt bis zum Wochenende unter sich. Dann öffnet die Messe ihre Tore fürs Publikum. Haben Leserinnen und Leser bis dahin gar nichts von der Messe? Doch, haben sie.

Im Jahr 2009 organisierte das Frankfurter Kulturdezernat das Pilotprojekt Open Books, um „eine Brücke von der Buchmesse ins Herz der Stadt“ zu schlagen. Es hat funktioniert, seither hat Open Books jedes Jahr stattgefunden. Neu ist der „Slow Reading Room“, der zum Lesen von Büchern einlädt, die in diesem Jahr erschienen sind.

Sonst alles wie gehabt: Im Frankfurter Kunstverein und an anderen Orten rund um den Römer finden sich ab Dienstagabend Autoren ein, um aus ihren Werken vorzulesen und über sie zu diskutieren. Darunter Slavenka Drakulić, Özlem Özgül Dündar, Ulrike Herrmann, Felicitas Hoppe, Laksmi Pamuntjak, Kathrin Röggla, Mithu Sanyal, Marlene Streeruwitz, Gisela von Wysocki und Marcia Zuckermann. Auch männliche Kollegen werden in ausreichender Zahl vertreten sein, etwa Leon de Winter, der schon 2009 mit von der Partie war. Der Eintritt ist frei. gut

Treffpunkt "an der Bar"

Das Hotel Frankfurter Hof ist das erste Haus am Platze. Hier übernachten die Stargäste, die Juroren des Buchpreises und Jetset-Menschen. Ein Zimmer dort kann man vergessen. Zu teuer. Außerdem sowieso ausgebucht.

Aber es lohnt sich, einfach mal so am frühen Abend durch die Hotellobby zu flanieren: US-amerikanische Literaturagenten mit Jetlag treffen sich mit deutschen Verlegern mit stressgeröteten Wangen (sie haben drei, vier Termine pro Stunde). Bekannte Schriftsteller suchen nach ihren Übersetzern. Überhaupt sucht jeder jeden, man hat sich „an der Bar“ verabredet – so wie etwa 300 andere Verlagsmenschen auch, hat seinen Termin noch nie Face to Face gesehen und scannt jetzt hektisch alle Jackettaufschläge nach Namensschildern ab. Manche brüllen den Namen ihrer Termine auf gut Glück durch die ehrwürdigen Hallen. Schön auch, wenn sich zwei verabredete Buchmenschen endlich getroffen haben, der eine aus New York, der andere aus Hongkong – und dann feststellen, dass man in dem Getöse kaum mehr als Floskeln austauschen kann …Dabei wäre eine Verabredung im Café um die Ecke wahrscheinlich effektiver. DRK

Betrunkene Grandezza

Wer im Literaturbetrieb zu früh berühmt wird, verpasst das Beste: die Buchmessenpartys. Also nicht die Partys als solche, sondern die Partys, auf die man nicht eingeladen ist. Oder besser: Es ist der Weg dahin, das Partycrashen.

Sich uneingeladen auf eine Buchmessenparty zu schnorren, ist großer Sport, und wenn es gelingt, ein großes Vergnügen. Es geht dabei vor allem um Hochstaplerqualitäten. Man lernt, sich als etwas auszugeben, was man gar nicht ist, und das ist die halbe Miete im Literaturbetrieb. Schließlich sind die wenigsten Autoren nur annähernd so interessant wie ihre Bücher. Deren Auftritt lässt sich spielend leicht imitieren.

Man kann sich aber auch als empörter Kritiker ausgeben, der hier schon immer auf der Gästeliste stand, als Jung- oder Altautorin, für deren Anwesenheit sich andere Partyveranstalter krummlegen würden. Oder einfach als jemand, der anonym bleiben will, weil er schließlich die persönliche Zusage des Gastgebers habe, dass Diskretion gewahrt werde. Man darf nur nicht vergessen, sich am Ende mit betrunkener Grandezza zu verabschieden: „Bonne nuit, à tantôt, Monsieur le Marquis“. akr

Bier, Schnaps, Äppelwoi

Dass Literatur und Schnaps irgendwie zusammenhängen, macht sich ja an diversen Empfängen an Messeständen und den Verlagspartys am Abend bemerkbar. Wer am späten Abend immer noch in Feierlaune ist, landet meist im Frankfurter Bahnhofsviertel. Einerseits weil es so zentral liegt, dass man es notfalls schnell und zu Fuß ins Hotelzimmer schafft. Andererseits natürlich aufgrund des verruchten Ghettocharmes.

Für das Basisprogramm (Jukebox, Bier, tiefe Augenringe) empfiehlt sich die Traditionskneipe Moseleck (Moselstr. 21), die nur von 4 bis 6 Uhr schließt. Wer gerne zu R & B an der Stange tanzt, geht in den unprätentiösen Nachtclub Pik Dame (Elbestr. 31), wo aber ab und zu kuriose Mottopartys stattfinden. Es muss aber nicht immer das Bahnhofsviertel sein. Eine absolute Institution ist die Kneipe Zur Stalburg im Stadtteil Nordend (Glauburgstraße 80, mit der U-Bahn 6 Minuten vom Hauptbahnhof), wo die Zeit – auf sympathische Art – stehen geblieben scheint. Es gibt garstige Kellner, politische Stammtischdiskussionen und den besten Apfelwein der Stadt. Den aber bitte nicht „süß gespritzt“ bestellen – das wird hier schon mal als Beleidigung aufgefasst. fay