Studie ermittelt Reform-Weltmeister

Die Bertelsmann-Stiftung hat die Situation in 119 Transformationsländern untersucht. Die Autoren der Studie fordern, dass die Entwicklungspolitik der Bundesregierung den Willen zur Demokratie in den jeweiligen Ländern stärker berücksichtigen sollte

VON TARIK AHMIA

Demokratie und Marktwirtschaft sind weltweit auf dem Vormarsch. Zu diesem Schluss kommt der „Bertelsmann Transformations Index“ (BTI), der gestern in Berlin vorgestellt wurde.

Die Studie der Bertelsmann-Stiftung analysiert, wie gut einzelne Länder beim Wandel zur marktwirtschaftlichen Demokratie vorankommen. In dem globalen Ranking werden 119 Länder aus Asien, Afrika, Osteuropa und Lateinamerika verglichen – teils mit überraschenden Ergebnissen: Das beste politische Management gibt es demnach in Mauritius, Chile und Botswana. Diesen Staaten bescheinigen die Autoren einen erfolgreichen Strukturwandel, funktionierende Wirtschaften und stabile Demokratien. Auch die Türkei schnitt in dem Vergleich gut ab: Die Qualität ihrer politischen Führung liegt auf Platz 20 – noch vor Polen.

„Rußland ist einer der großen Absteiger. Es fiel von Platz 31 auf Platz 87“, sagte Werner Weidenfeld, der Leiter der Studie. Ähnlich weit abgeschlagen ist die „Entwicklungsdiktatur“ China. Gründe für beide Länder sind Defizite in der Rechtsstaatlichkeit und Demokratisierung.

Um die Position eines Landes im internationalen Vergleich zu ermitteln, haben 250 Politikexperten den Grad der demokratischen Partizipation der Bevölkerung und der wirtschaftlichen Liberalisierung untersucht. Detailliert wurden für jedes Land 19 unterschiedliche Kriterien wie Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und politische Gestaltungsfähigkeit analysiert. Die Ergebnisse sind so aufbereitet, dass sie direkte Vergleiche einzelner Länder erlauben. „Die Transformationsprozesse in Osteuropa zeigen auf die vitale Strahlkraft des Leitbildes einer marktwirtschaftlichen Demokratie“, zeigt sich Weidenfeld euphorisch.

Auf diesem Weg gelte es, Reformer zu belohnen, die „eigenverantwortliches Handeln“ stärken. Maßstab für eine erfolgreiche Regierungsführung in dem internationalen Ranking ist das Konzept der so genannten Good Governance. Diese setzt tendenziell auf weniger Staat und eine verstärkte Ökonomisierung.

Kritiker weisen darauf hin, dass man auch bei dieser aufwändigen Studie die marktliberale Agenda der sich als unabhängig gebende Think-Tank von Bertelsmann nicht ausblenden sollte. Aus ihrem Bekenntnis zu Marktwirtschaft und Demokratie machen die Autoren der Studie allerdings auch keinen Hehl. Marktwirtschaft jenseits demokratischer Strukturen lehnen sie ab. Entsprechend schlecht schneiden wirtschaftlich erfolgreiche, dafür aber autoritäre Regime wie China ab. Das Land liegt auf Platz 70 des Rankings.

Für Studienleiter Weidenfeld ergeben sich aus der Studie daher auch konkrete Forderungen an die künftige Bundesregierung: „Die deutsche Entwicklungspolitik sollte Politiker unterstützen die ihr Land zielstrebig in Demokratie und Marktwirtschaft führen.“