Neuneinhalb Wochen, die letzte
: Ein Herz für Busfahrer

Susanne Gieffers, taz bremen-Redakteurin, arbeitet für neuneinhalb Wochen in Minneapolis, USA. An dieser Stelle berichtet sie zum letzten Mal über diese Stadt, in der, wenn man will, vieles an Bremen erinnert

Mit dem Tourismus ist das so eine Sache. Nicht nur in Bremen, auch 4.268 Meilen weiter westlich ist es eine ungelöste Frage, wie aus einer netten, gänzlich liebenswerten wie unspektakulären Stadt ein Magnet werden kann, der die Menschen aus fern und nah anzieht, hält – und begeistert.

Minneapolis hat die Lösung, die einst auch Bremens Politikern reiche Träume, aber sonst nur Schulden bescherte: ein Einkaufszentrum der Superlative. Die „Mall of America“ ist der USA größte Shopping Mall und pikanterweise unter Regie der Firma Triple Five, die auch der Bremer Betonpleite Space Park neues Leben einhauchen wollte. Das hat sich ja bekanntlich erledigt. Mit dem Geld, das sie in Bremen sparen, machen sie die „Mall of America“ jetzt noch ein bisschen größer.

Das Motto dort heißt aggressive shopping. Als ich glücklich ein Täschlein, im Preis reduziert, in einem der 520 Läden gefunden habe, erklärt die Dame an der Kasse, die Tasche gebe es eh’ für die Hälfte, und ich bekäme sie für die Hälfte von der Hälfte, wenn ich noch was anderes kaufen würde, das ich dann auch für die Hälfte bekäme. Zweimal schickt sie mich von der Kasse zurück in die Konsumgüter, ich solle mich noch einmal umsehen. Als ich im dritten Anlauf den Tränen nah einfach nur das eine Objekt der Begierde zahlen will, guckt sie mich an, als sei ich frisch aus dem Ostblock.

Demnächst wird in dem Gewusel auf vier Etagen auch ein Schlaf-Shop eröffnen: ein Geschäft, in dem man schlafen kann, wenn einen das Geldausgeben erschöpft hat. Für 70 Cent die Minute. Macht sieben Dollar pro zehn Minuten, aber ab 2.000 Dollar wollen sie Jahreskarten verkaufen. „Da könnte ich ja glatt einziehen“, sagt meine Gastgeberin Jane dazu.

Das meint sie zum Glück nicht ernst. Jane hasst Shopping. Zumindest in der „Mall of America“. Recht hat sie.

Denn diese Stadt hat so viel mehr zu bieten. Freundliche Busfahrer zum Beispiel, und nicht nur die sind so nett, dass es der Fremden das Herz erwärmt. Die Menschen hier sind die eigentliche Sensation. Liebenswert, kein bisschen oberflächlich, und meistens lustig. Als ich schwer bepackt und hochrot auf dem Weg zum Flughafen das Geld nicht finde, deutet die Busfahrerin auf ihr Steuer und sagt: „Stay cool, ich bleib noch’n bisschen hier.“ Wie schön. Und ich komme wieder. Bestimmt.