Es ist nicht immer einfach, das alte Jahr loszuwerden
: Der Lichterketten-Trick

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AM RAND

Klaus Irler

Heute morgen war ich in ­Niendorf beim Recyclinghof, ich fuhr ganz früh hin, ich wollte das alte Jahr entsorgen. An der Einfahrt stand ein Mitarbeiter in Orange, ich kurbelte das Fenster herunter und er fragte: „Ausweis?“ „Wie, Ausweis“, sagte ich. „Hier dürfen nur noch Leute aus Hamburg ihren Müll abladen“, sagte der Mitarbeiter. „Hm, ja, meinen Ausweis habe ich nicht dabei. Reicht mein Kennzeichen nicht?“ – „Nein.“ Ich schaute flehentlich. „Okay, aber das nächste Mal nur mit Ausweis!“

Ich dachte, nun wäre alles geritzt, aber da täuschte ich mich. „Was haben Sie denn da drin?“ – „Das alte Jahr.“ – „Das nehmen wir nicht mehr. Da hätten Sie bis Samstag kommen müssen.“ – „Ja aber, wenn ich das Jahr bis Samstag abgegeben hätte, dann hätte ich ja gar nicht Silvester feiern können!“, sagte ich. „Das ist nicht mein Problem“, sagte der Mitarbeiter. „Das alte Jahr ist bis zum 31. Dezember zu entsorgen. So steht es im Müllgesetz.“

Ich konnte es nicht fassen. „Lieber Herr!“, rief ich, „wie wär’s, wenn wir das alte Jahr als Sondermüll entsorgen? Ich zahle auch dafür!“ – „Bei einer Sondermüllentsorgung müssen Sie die guten von den schlechten Tagen trennen. Die schlechten Tage können Sie hier lassen, wenn Sie eine Abgabenerklärung unterschreiben, dass Sie für die schlechten Tage haften, wenn die ins Grundwasser gehen und die Stimmung versauen. Geht aber auch nur bis zum 31. Dezember.“

Nun begriff ich den Ernst der Lage. „Was soll ich jetzt machen? Ich kann doch nicht mit dem alten Jahr im Kofferraum durch die Gegend fahren!“ – „Was meinen Sie, was die Leute alles in ihren Autos dabei haben. Schräges Zeug, das glauben Sie gar nicht. Und jetzt fahren Sie weg, Sie blockieren die Zufahrt!“

Der Schweiß trat mir auf die Stirn und ich fuhr auf den Parkplatz des Baumarktes gegenüber. Ich überlegte, ob ich auf den Recyclinghöfen drüben in Schleswig-Holstein das alte Jahr loswerden könnte, hätte aber mit meinem Hamburger Kennzeichen sicher Probleme. Im Kofferraum grummelte es. Das alte Jahr fing an zu gären.

Da kam mir eine Idee. Ich ging in den Baumarkt, wo sie den Weihnachtsschmuck auf dem Grabbeltisch verramschten. Ich kaufte Lichterketten und wickelte sie um das alte Jahr herum. Mit einer Batterie brachte ich die Lichter zum Leuchten. Dann holte ich meinen Ausweis, setzte mir eine Sonnenbrille und eine rot-weiße-Weihnachtsmütze auf und fuhr wieder zum Recyclinghof.

„Was ist da drin?“, fragte der Mitarbeiter in Orange. „Weihnachtskram“, sagte ich. „Ich lasse ihn noch einmal leuchten, bevor’s zu Ende geht!“ – „Das ist Restmüll, das kostet!“ – „Kein Problem!“ Ich zahlte und als der Mitarbeiter nicht hinschaute, schleuderte ich das alte Jahr zusammen mit den Lichterketten in die Restmülltonne, sprang in mein Auto und fuhr vom Hof. Kann sein, dass das alte Jahr ins Grundwasser sickert. Aber was hätte ich tun sollen?