Die Villa für alle

SALONKULTUR Ida Büssing und Thomas Feischen öffnen ihre Privaträume regelmäßig für Konzerte, Ausstellungen und Lesungen. Ein fast klassischer Fall von Mäzenatentum

„Wir machen jetzt, was wir schon immer machen wollten“

IDA BÜSSING

VON ANDREAS SCHNELL

Die Villen, die, oft umgeben von großzügigen Gärten, den Osterdeich säumen, regen die Phantasie an: Wer mag da wohnen? Was passiert da hinter den Bäumen? Aber: keine Chance. Auch wenn da oft niemand wohnt, sondern da beispielsweise nur Architektenbüros repräsentativ residieren: Wir als normale Menschen müssen leider meist draußen bleiben.

Aber es gibt ja die Villa Sponte, Zusatz: Zeitkultur. Kennen Sie nicht? Vielleicht auch besser so – fast jedenfalls: Hier residierte nämlich lange Jahre die Straffälligenbetreuung, bis im letzten Jahr Ida Büssing und Thomas Feischen einzogen, die das Haus vor ein paar Jahren gekauft hatten. Ursprünglich wurde das Haus Ende der 1920er-Jahre vom Kaffeehändler Konsul Heinemann für dessen Tochter gebaut und beherbergte später dessen Büros. Büssing und Feischen jedenfalls öffnen seit vergangenem Sommer ihr Haus regelmäßig für Konzerte, Ausstellungen und andere kulturelle Aktivitäten.

Nicht, dass sie das nötig hätten. Schließlich verdienen sie ihr Geld nicht mit Kunst, sondern mit der Dämmung von Altbauten. Aber das füllt einen ja auch nicht unbedingt aus. Zudem ist Büssing passionierte Malerin und Bildhauerin, Feischen studierter und leidenschaftlicher Musiker.

„Wir machen jetzt, was wir schon immer machen wollten“, sagt Büssing. Der zur Villa Sponte gehörige Verein befindet sich gerade noch in den letzten Zügen der Gründung, ist aber schon emsig am Werk. Begonnen hat die Villa Sponte als öffentlicher Ort im privaten Heim von Ida Büssing und Thomas Feischen im Sommer, als die umtriebige Konzertreihe „Songs & Whispers“ hier zum ersten Mal gastierte.

Seitdem ist die Reihe monatlich am Osterdeich zu Gast. Eine schöne Ergänzung zu den Cafés, Kneipen und Clubs, in denen die Musiker des Netzwerks sonst auftreten. Hier herrscht gespannte Zuhöreratmosphäre, der Salon, in dem die Konzerte und Ausstellungen stattfinden, wirkt eben weit eher als kulturgeweihter Ort als eine vom Gläserklirren erfüllte Bar – wobei gegen die natürlich nichts gesagt sein soll!

Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss der Villa beherbergen ab Sonntag eine Ausstellung mit Fotoarbeiten der Bremer Künstlerin Susanne Irmer. Unter dem Titel „LabsChaos“ zeigt sie regionale Blicke, besonderes Augenmerk liegt auf dem „Gröpelinger Kiez“. Unter diesem Titel hat Irmer Bilder versammelt, die sie in ihrer Nachbarschaft aufgenommen und bearbeitet hat. „Gröpelingen wird ja oft als grau und benachteiligt beschrieben. Ich finde den Stadtteil ganz im Gegenteil sehr bunt, sehr offen und lebendig“, erklärt die Künstlerin. Der „Gröpelinger Kiez“ könnte Besuchern und Besucherinnen der Stadtbibliothek West übrigens bekannt vorkommen. Dort waren Irmers Kiez-Studien im Sommer schon zu sehen. Jetzt werden die Schönheiten des Bremer Westens mitten ins manchmal selbstverliebte Viertel importiert.

Was in der Villa Sponte gezeigt wird, wählt die Kunstgruppe des Vereins aus, zu der auch Büssing gehört, darüber hinaus gib es eine Filmgruppe, eine Musikgruppe, eine Literaturgruppe findet sich gerade. Nicht alles ist allerdings öffentlich. „Wir wollen einen Raum bieten für verschiedene Kreise.“ Und wenn jemand aus der Musikgruppe ein Vorspielen im intimen Kreis abhalten wolle, gehe das auch. Allerdings behalten Büssing und Feischen sich durchaus vor, Dinge abzulehnen. „Das klingt vielleicht arrogant, aber wir wohnen ja hier“, sagt Büssing – und da will man ja nicht regelmäßig mit Dingen konfrontiert werden, die man nicht mag.

Neben Ausstellungen und den Konzerten der Reihe „Songs & Whispers“ hat sich auch schon eine weitere Kollaboration ergeben: Matthias Bellinger und Stefan Schrader von der Deutschen Kammerphilharmonie treten am 12. Dezember mit einem kleinen Programm auf, für nächstes Jahr sind ein Mascha-Kaléko-Abend mit Christiane Hahn-Büthe und die Präsentation des Buchs „Gärten in Ostfriesland“ von Cordula Hamann geplant.

■ Vernissage „LabsChaos“: Sonntag, 16 Uhr, bis 6. 1., Villa Sponte, Osterdeich 59b