Mehr Schäden, weniger Tote

VERSICHERUNG 2016 brachte 175 Milliarden Dollar an Katastrophenschäden. Nur 30 Prozent versichert

Teuer: Erdbeben auf Kyushu, Japan 2016 Foto: picture alliance

FRANKFURT rtr | Erdbeben, Stürme und Überschwemmungen haben im vergangenen Jahr weltweit so viel Schaden angerichtet wie seit 2012 nicht mehr. Die Münchener Rück bezifferte die Gesamtschäden aus Naturkatastrophen am Mittwoch auf 175 Milliarden Dollar, das sind 70 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Davon müssten die Versicherer und Rückversicherer aber nur für 50 Milliarden Dollar einstehen. 70 Prozent der Schäden seien nicht versichert, vor allem in Entwicklungsländern Asiens und Afrikas. Nach drei besonders schadensarmen Jahren lagen die Schadensummen diesmal knapp über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Das sei aber „Zufall und kein Trend“, sagte Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek.

Allerdings sieht der weltgrößte Rückversicherer in der globalen Erwärmung einen Grund für die steigende Zahl von Katastrophen. Eine überdurchschnittlich große Rolle spielten im vergangenen Jahr Hochwasser und Überschwemmungen, die für mehr als ein Drittel der Schäden verantwortlich waren. In den vergangenen zehn Jahren war es nur gut ein Fünftel. „Natürlich lassen sich einzelne Ereignisse nie direkt auf den Klimawandel zurückführen. Jedoch spricht inzwischen vieles dafür, dass der Klimawandel bestimmte Ereignisse wie Unwetter mit Starkregen und Hagel in bestimmten Regionen schon heute wahrscheinlicher macht“, sagte Peter Höppe, der bei der Münchener Rück die Georisiko-Forschung leitet.

Die teuerste Naturkatastrophe des Jahres war aber erneut ein Erdbeben: Auf der japanischen Insel Kyushu richtete es im April 31 Milliarden Dollar teure Schaden an. Nur ein Fünftel davon mussten die Versicherer decken. Bei den schweren Überschwemmungen im Juni und Juli in China entstand ein Schaden von 20 Milliarden Dollar – doch nur 300 Millionen bekamen die Geschädigten von den Versicherern ersetzt.

Eine Serie von Unwettern war auch das größte Schadenereignis in Europa: Die daraus resultierenden Sturzfluten in Deutschland und das Hochwasser der Seine bei Paris summierten sich auf 6 Milliarden Dollar Schaden. Die Hälfte davon war versichert. Insgesamt mussten die Versicherer aber auch in Europa nur für 32 Prozent der Naturkatastrophen-Schäden einstehen.

Sturzfluten, Hochwasser und Erdstöße kosteten 2016 deutlich weniger Menschenleben als ein Jahr zuvor. Die Münchener Rück zählte 8.700 (2015: 25.400) Todesopfer, zwei Drittel weniger als ein Jahr zuvor. Weniger waren es in den vergangenen 30 Jahren nur 2014 (8.050) und 1986 (8.600). Im Zehn-Jahres-Durchschnitt seit 2006 verloren durch Naturkatastrophen 60.600 Menschen ihr Leben.

Für die Unternehmen in der Branche der Rückversicherer ist die Häufung von Naturereignissen ein zweischneidiges Schwert. Einerseits müssen sie einspringen und zahlen, wenn die finanziellen Folgen ihre Kunden – die Erstversicherer – zu überfordern drohen. Andererseits geben ihnen schadenarme Jahre wenig Argumente für Preiserhöhungen bei ihren Kunden. Die Rückversicherer leiden seit Jahren unter dem Preisdruck, den Finanzinvestoren erzeugen, indem sie den Markt mit frischem Kapital fluten. Bei großen Schäden dürften sich einige von ihnen schnell wieder aus dem Markt zurückziehen.