Arbeitsmarkt

In Zukunft werden den Firmen weniger die Akademiker fehlen als beruflich qualifizierte Kräfte. Schon jetzt sind BewerberInnnen rar

Schulnoten sind nicht entscheidend

Mittelstand Eine Brandenburger Druckerei hilft ihren Auszubildenden auch bei der Berufsschule. Von neuen Mitarbeiter erwartet der Betriebsleiter vor allem Zuverlässigkeit und Motivation

MÜNCHEBERG taz | Die dunkelgrüne Maschine rattert. Und zack, zack, zack spuckt sie bedrucktes Papier aus: Etiketten für Leberwurst einer Brandenburger Großfleischerei. Ein paar Schritte weiter in der Fabrikhalle wickelt eine andere Maschine bunt bedruckte Sachetfolie auf eine Rolle; sie wird dereinst Probierpackungen für Aquarienfischfutter sein, das international vermarktet wird.

„Jede Maschine wird von einem Arbeiter bedient“, sagt Benjamin Eib. „Wenn einer nicht zur Schicht kommt, steht sie acht Stunden still.“ Damit bringt der Betriebsleiter auf den Punkt, worauf es ihm beim Personal für die mittelständische Druckerei am meisten ankommt: Zuverlässigkeit.

75 Mitarbeiter hat das Unternehmen, die Märkische Etiketten GmbH. Das Verwaltungs- und Kreativzentrum liegt in Berlin, der Produktionsstandort ist Müncheberg, rund 50 Kilometer östlich der Hauptstadt.

Hier in Brandenburg arbeiten 55 Menschen. „Mitarbeiter gesucht“, so steht es schon vor der Fabrik, wie auch in vielen anderen Gewerbegebieten der Region. Eib sucht Drucker, Maschinenführer und Azubis.

Die Märkische Etiketten GmbH stellt selbstklebende Etiketten und flexible Verpackungen her, vor allem für den deutschen Markt. Aber auch ins Ausland gehen die Produkte; zuletzt orderte sogar ein Kunde aus Mexiko die brandenburgischen Etiketten. Der Betrieb läuft so gut, dass im Drei-Schicht-System produziert wird.

„Es ist schwierig, Fachkräfte zu finden“, sagt Eib. „Wir müssen uns unsere Leute heranziehen - und selber ausbilden.“ Das ist leichter gesagt als getan. Denn geeignete Azubis zu finden, wird immer schwieriger. In diesem Jahr haben bei Eib vier angefangen; bei ihnen läuft aus Sicht des Betriebsleiters alles gut.

Das war nicht immer so: „Manche glänzten durch Abwesenheit; einer war mal zwei Wochen verschwunden, ohne Bescheid zu geben.“ Schon bei den Bewerbungen scheitern manche an Selbstverständlichkeiten, beispielsweise daran, rechtzeitig den benötigten ärztlichen Sehtest vorzulegen.

Die Schulnoten sind für Eib nicht entscheidend – sondern Motivation, Zuverlässigkeit und ein gewisses handwerkliches Geschick. „Wir haben auch schon mit Azubis Mathenachhilfe gemacht, damit sie die Prüfung schaffen“, sagt Eib. „Aber sie müssen wollen.“

Das gilt auch für den afghanischen Flüchtling, der ab Februar ins Unternehmen kommt und eine Einstiegsqualifizierung zum Maschinenführer erhält. Im September soll er eine reguläre Ausbildung starten. „Er macht einen guten Eindruck“, sagt Eib, der ihm beim Deutschlernen helfen wird. Der Betriebsleiter hätte gern einen weiteren Flüchtling eingestellt; es scheiterte letztlich an einer Farbsehschwäche des Bewerbers. „Schade, aber Drucker müssen rot und grün unterscheiden können.“

Dass Motivation das A und O ist, beweist Eibs Karriere: Er hat in der Firma Drucker gelernt, anschließend das Fachabitur gemacht und an der Beuth-Hochschule in Berlin Druck- und Medientechnik studiert – immer im Kontakt zu seinem Unternehmen. Jetzt ist er Betriebsleiter. Richard Rother