„Literarisches Quartett“
: Der neue böse Bube: Thea Dorn

Talkshows können Spaß machen, wenn die Besetzung stimmt. Besteht das Vergnügen beim Zuschauen doch vor allem darin, zu erleben, wie sich die Sprechenden darstellen. Sind sie schlagfertig, haben sie polemisches Talent? Wer gewinnt Sympathien, wer verspielt sie? Bürgerliche Öffentlichkeit ist ohne theatralisches Moment nicht denkbar. Wenn sie auf der Bühne des TV-Studios in Szene gesetzt wird, ist die Nähe zum Drama offenkundig.

Am Donnerstag teilte das ZDF mit, eine Nachfolgerin für Maxim Biller sei gefunden worden. Der Schriftsteller hatte angekündigt, das „Literarische Quartett“ zu verlassen, um wieder Zeit fürs Schreiben zu haben. Billers Rolle war diejenige des bösen Buben, er spielte sie bravourös. Biller besetzte den Platz von Marcel Reich-Ranicki in mindestens zwei Aspekten, als Personifizierung des jüdischen Intellektuellen und als Verfechter eines Traditionalismus der gut erzählten Geschichte.

An Letzteren scheint auch Thea Dorn anknüpfen zu wollen. Ihr Kommentar zur Berufung lautete: „In Zeiten, in denen alles, was mehr als 140 Zeichen hat, schon für einen Roman gehalten wird, ist es mir Freud und Ehr, dem Leser wirkliche Romane ans Herz zu legen.“

Dass die Rolle des bösen Buben zur Abwechslung von einer Frau übernommen wird, kann man als emanzipatorischen Fortschritt betrachten. Noch dazu von einer Frau, die darüber nachgedacht hat, „Wie die Zukunft von Frauen gemacht wird“, so einer ihrer Buchtitel. Interessant wird sein, womit sie den bösen Buben geben wird. Die Krimiautorin, deren Bücher oft als „brutal“ beschrieben werden, hat keine Angst vor Kontroversen. Sie hat Thilo Sarrazin als wackeren Streiter gegen das „freundlich Konsensfähige“ verteidigt, während ihr die Protagonisten der Regierung Merkel als „gut geölte Politroboter“ erschienen. Mit Richard Wagner schrieb Dorn ein Buch über die „deutsche Seele“, in dem es unter anderem um die gute deutsche Wurst ging.

Am 3. März wird Dorn neben Volker Weidermann und Christine Westermann erstmals in ihrer neuen Rolle zu sehen sein.

Ulrich Gutmair