Jagd- und Angelmesse in Dortmund: Ködern und schießen

Messen sind immer sehr besonders. Zurzeit präsentiert sich eine ganz spezielle Branche. Ein Rundgang auf der „Jagd & Hund“ und der „Fisch & Angel“.

Plakatwand mit röhrendem Hirsch

Dekoration auf der „Jagd & Hund“ Foto: goncourt

Katzen wird es hier nicht geben. Es gibt Waffen, um Wisente, Damwild, Muffel, Feldhasen, Fasane zu schießen, Luchse, Hermeline, Wildtruthühner. Es gibt Köder: Tauwürmer, Nassfliegen, Grashüpfer, Brotflocken, Wobbler, Mehlwürmer, Erbsen, Gummifische, Rapfenblei. Angeln, Äxte, Dolche, Gewehre. Männer fassen die Waffen an.

Das Geweih, das jemand in seiner Hand zu halten scheint, ist nur eine Gehhilfe.

Zuletzt war ich vor über zwanzig Jahren in dieser Halle, als ich, noch Student, abgebrannt aus dem Urlaub kam und dringend einen Job brauchte; es gab mir jemand die Adresse. Tags darauf lief ich auf dem Dortmunder Herbst als uniformierter Wachmann vor einem Notausgang auf und ab; ich hatte mir „Faust II“ und Lateinvokabeln zum Lernen mitgebracht.

Büchsen, Flinten, Jagdsäbel, Bärenspieße, Saufedern, Hirschfänger. In Halle 3b werden die Vorteile von Schnittschutzhosen erklärt. In Halle 8 defilieren Hundehalter mit ihren Züchtungen: Französische Vorstehhunde, Teckel, Münsterländer, Stichelhaar, Deutsche Wachtelhunde, Spaniel, Pointer und Setter. Eine Moderatorin begrüßt eine Drahthaarzüchtung mit dem Satz „Durch Leistung zum Erfolg“. Ein Fürst habe auf seinem Gut besonderes Augenmerk auf die Alertheit der Rasse gelegt, am Anfang sei alles noch sehr schlampig gewesen.

So lange lebe ich in Dortmund und war nie auf der „Jagd & Hund“. Als ich zur Schule ging, hatten wir einen pensionierten Nachbarn: Er lebte mit seiner Frau in der ­Innenstadt, vor der Haustür begann der Straßenstrich, sein Hof war mit einer Betonmauer, Stacheldraht und einer Videoüberwachung gesichert. Der Nachbar lief ständig in Jägerloden umher und hatte einen sehr deutschen Schnauzbart. Eines Tages kam er zu meinem Vater ins Restaurant und trug einen Hirsch über der Schulter, den er soeben erlegt habe: Ob mein Vater ihn zubereiten könne? Ich weiß nicht mehr, wie es ausging.

goncourt schreibt seit 2004 sein Blog als kontinuierlichen Text fort (www.goncourt.net). Bewundert Chris Marker und japanische Fotografie, schrieb Kolumnen für die Filmzeitschrift Cargo und als Co-Autor für die Kulturzeitschrift Merkur über die ersten großen Blogger, die Brüder Goncourt.

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