CDU will Videokameras und Drogenkontrollen

SICHERHEITSKONZEPT Schüler in Nordrhein-Westfalen sollen generell überwacht werden

„Es handelt sich nur um Entwürfe“

CDU-PRESSESPRECHER ACHIM HERMES

KÖLN taz | Mit dem umstrittenen Programm „Sicher leben in Nordrhein-Westfalen“ hat die CDU im größten Bundesland eine heftige Diskussion ausgelöst, noch bevor es verabschiedet wurde. Die Partei will damit offenbar in konservativen Wählerschichten punkten. Bei einer Klausurtagung ab 22. November soll das Sicherheitsprogramm von der Landtagsfraktion diskutiert und beschlossen werden.

Kritiker befürchten eine Allround-Überwachung. So umfasst das Papier einen wilden Kontrollmix aus Videokameras, virtuellen Spionen und Drogenkontrollen vor Schulen.

Dass schon jetzt Details bekannt wurden, ist CDU-Pressesprecher Achim Hermes sichtbar unangenehm: „Es handelt sich nur um Entwürfe.“ Den aktuellen Stand des Papiers hält die Fraktion deshalb unter Verschluss.

Der Union dürfte vor allem unangenehm sein, dass sie ihren Koalitionspartner FDP im Düsseldorfer Landtag mit so mancher Forderung brüskiert. So hatten sich die Liberalen in der Vergangenheit nicht gerade als Freunde von Online-Überwachung gezeigt. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) in NRW, Wilfried Albishausen, sieht die bisher bekannt gewordenen CDU-Forderungen mit gemischten Gefühlen. Eine „Wachpolizei“, also eine Art Hilfspolizei, könne dazu beitragen, dass sich die Beamten auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können: „Es macht keinen Sinn, Polizeibeamte mit Fachhochschulstudium im Objektschutz einzusetzen.“

Bei den Vorstößen zu Online- und Telefonüberwachungen fordert der Bund der Kriminalbeamten, dass dabei Polizeichefs oder Richter die Genehmigung erteilen müssten. In ähnlicher Form gelte das heute schon, wenn man beim Verdacht schwerer Straftaten Menschen observieren wolle. Albishausen: „Wir würden uns das aus polizeilicher Sicht analog auch für die Überwachung der Telekommunikation wünschen.“

Kinder und Jugendliche ohne Verdacht zu durchsuchen, hält der Kriminalist dagegen für „überzogen“. Gerade hier sei Prävention wichtiger als Repression. Nur wenn tatsächlich bekannt werde, dass Dealer an Schulen ihr Unwesen treiben, sei ein Eingreifen der Polizei sinnvoll.

Marc Jan Eumann, Vize-Vorsitzender der SPD-Fraktion im NRW-Landtag, sieht die bisher bekannt gewordenen CDU-Forderungen grundsätzlich skeptisch: „Das geht in die falsche Richtung. Wir brauchen keinen Big-Brother-Staat.“

Die Dortmunder Bundestagsabgeordneter der Linken, Ulla Jelpke, sieht in dem Unionspapier „Überwachungsstaatsfantasien“ propagiert. Es sei „bezeichnend, dass der NRW-CDU angesichts von Wirtschaftskrise und Massenverarmung nur die Aufrüstung der Polizei in den Sinn kommt“.

Monika Düker, innenpolitischer Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, spricht von „plumpen Law-and-order-Forderungen“. NRW brauche vielmehr eine gut ausgestattete und ausgebildete Polizei: „Dass hier Defizite bestehen, zeigen einmal mehr die zornigen Proteste der Kriminalbeamten.“

Kritiker werfen der Landesregierung vor, zu wenig Personal in Justiz und Polizei einzusetzen. Die Union wies die Anschuldigungen bisher immer zurück –das jetzt diskutierte Positionspapier soll jetzt offenbar als eine Art Befreiungsschlag im Landtagswahlkampf dienen.

FRANK ÜBERALL