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Kostprobe –Gesundheit –

Mundwerk: Warum Wein nicht immer vegan ist
: Das Schwein im Wein

Mundwerk

von Christoph Raffelt

Es könnte so einfach sein: Trauben werden geerntet, gepresst, die Umgebungshefen sorgen für eine Vergärung des Fruchtzuckers, und nach der Gärung fließt der Wein in ein Gefäß, in dem er reift und sich der Trub absetzt. Schließlich wird der klare Wein auf Flaschen gezogen und verkauft.

Es gibt Winzer, die das bis heute, oder besser, heute wieder so machen. Sie nennen sich Naturalisti oder Terroiristen, ihre Weine stehen als Vin Naturel oder Raw Wine in den Regalen einiger spezialisierter Weinhandlungen. Doch dieser möglichst reduzierte und natürliche Weg der Weinerzeugung ist ein anfälliger Prozess, den nur noch sehr wenige gehen. Viel üblicher ist es, einige der über hundert Zusatzstoffe zu verwenden, die die EU-Verordnung für Weinbau zulässt. Da findet man Zuchthefen genauso wie Säuren und Enzyme, die aus der Waschmittelindustrie stammen, aber auch bei Getränken gern verwendet werden. Für Veganer sind vor allem die Schönungsmittel interessant, die der Klärung eines Weines dienen. Da nimmt man bis heute gern getrocknete Fischblasen, Kasein oder Hühnereiweiß. Besonders angesagt ist Gelatine – und damit hätte man auch das Schwein im Wein. Wenn ein Winzer auf tierische Zusatzprodukte verzichten will, stehen ihm Bentonit und Kieselgur zur Verfügung. Es gibt jedoch ein noch viel besseres Mittel. Es ist die Zeit; denn mit der Zeit wird nicht nur der Wein im Fass besser, sondern klärt sich auch mit Hilfe der Schwerkraft. Gute Winzer wie Marc Weinreich in Rheinhessen oder Alexander Pflüger in der Pfalz arbeiten so: biologisch, ja biodynamisch im Weinberg, mit Verzicht auf Zusatzstoffe und mit Zeit im Keller. Wer dann als Veganer kein Problem damit hat, dass die Rebzeilen mit dem Pferd gepflügt werden und die Biodynamiker Mist und Quarzmehl in Kuhhörnern reifen lassen, bevor sie es als Spritzpräparat ausbringen, kann mit diesen Weinen glücklich werden.

Zwei Empfehlungen veganer Weine, bei denen auch bei der Etikettierung auf Knochenleim verzichtet wurde: Weingut Weinreich, Chardonnay & Weißburgunder, trocken, Rheinhessen, ca. 9,- Euro; Weingut Pflüger, Dürkheimer Pinot Noir, Pfalz, 11,50 Euro.

Christoph Raffelt schreibt seit 2007 über Wein, Bier und handwerklich gemachte Produkte –vor allem in seinem Magazin origi nalverkorkt.de .