Die Sache mit den Parkplätzen

Türkei-Beziehungen Zwei Auftritte von türkischen Ministern in Deutschland gestoppt: Die Städte Gaggenau und Köln sperren Säle für geplante Wahlkampfveranstaltungen

In Gaggenau unerwünscht: der türkische Justizminister Bekir Bozdağ Foto: Marijan Murat/dpa

von Daniel Bax

BERLIN taz / dpa | Die badische Stadt Gaggenau hat den Auftritt des türkischen Justizministers Bekir Bozdağ kurzfristig untersagt. Die Halle, die Parkplätze und die Zufahrten reichten für den erwarteten Besucherandrang nicht aus – so begründete die Stadt ihre Entscheidung in letzter Minute. Bozdağ wollte am Donnerstagabend in der dortigen Festhalle auftreten.

Der Justizminister wollte dort für die umstrittene Verfassungsreform werben, die dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan noch mehr Macht verleihen würde. Der geplante Auftritt war auf breite Kritik gestoßen. Linken-Chef Bernd Riexinger hatte die schwarz-grüne Landesregierung in Stuttgart aufgefordert, die Veranstaltung zu verhindern: Der „türkische Despot“ Erdoğan führe die Bundesregierung „am Nasenring durch die Manege“. Auch der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) hatte den Auftritt von Bozdağ kritisiert.

Vertreter der türkischen Regierung werben derzeit für ein Ja bei dem Referendum über ein Präsidialsystem in der Türkei. Dabei sind am 16. April auch rund 1,4 Millionen Türken in Deutschland wahlberechtigt. Auch der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekçi sollte diese Woche für einen Wahlkampfauftritt nach Deutschland kommen. Nach Angaben der Stadt Köln steht der Saal, in dem er am Samstag auftreten wollte, aber nicht zur Verfügung. „Der Auftritt kann und wird dort nicht stattfinden“, sagte eine Sprecherin der Stadt am Donnerstag. Unklar war, ob Zeybekçi in andere Räumlichkeiten ausweichen kann. Zeybekçi hatte den gescheiterten Putschisten im Juli 2016 gedroht, sie würden „wie Kanalratten krepieren“.

„Ich finde es nicht okay, dass die türkische Regierung mit staatlichen Mitteln versucht, im Ausland für die AKP Partei zu ergreifen“, kritisierte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, die Vermischung von Regierungs- und Parteiinteressen. Die türkischen Minister sollten lieber mit der deutschen Regierung über die Freilassung des Welt-Korrespondenten Deniz Yücel aus der Untersuchungshaft sprechen, sagte Sofuoglu.

Regierungsnahe Medien haben Yücel jetzt zum „Türkei-Feind“ erklärt

Regierungsnahe Medien in der Türkei haben Yücel unterdessen zum „Türkei-Feind“ erklärt und in die Nähe von Terroristen gerückt. Die Zeitung Star schrieb am Donnerstag auf ihrer Titelseite: „Kein Journalist – PKK-Marionette“. Mehrere regierungsnahe Medien, die sich bislang in der Berichterstattung über den Fall Yücel zurückgehalten hatten, übernahmen den Star-Artikel wortgleich in ihren Onlineauftritten, darunter Sabah, Yeni Akit und A Haber.

Star schreibt, das türkische Presseamt habe 54 Artikel Yücels seit dem Juni 2016 ausgewertet und sei zu dem Ergebnis gekommen, dieser habe „Propaganda“ für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK betrieben. Er sei zudem für die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen eingetreten, die Erdoğan für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich macht.