RWE schreibt Milliardendefizit

Energie Nach einer weiteren Nullrunde dieses Jahr soll es 2018 wieder eine Dividende geben

2016 war der Tiefpunkt eines seit Jahren anhaltenden Niedergangs

FREIBURG taz | Der Energiekon­zern RWE weist nach Milliardenabschreibungen für 2016 einen Verlust in Höhe von 5,7 Mil­liarden Euro aus. Für die Inhaber der Stammaktien soll es daher – wie auch schon im Vorjahr – keine Dividende geben. RWE-Chef Rolf Martin Schmitz nannte gestern zwei Gründe für das hohe Defizit: zum einen das „schwierige Marktumfeld“, zum zweiten „eine hohe Einmalbelastung aus dem Kernenergiefonds“.

Mit dem Marktumfeld sind die niedrigen Preise im Strom-Großhandel gemeint. Sie resultieren aus den Überkapazitäten in der europäischen Stromerzeugung. Weil RWE auch künftig mit eher dürftigen Erlösen im Großhandel rechnen muss, nahm der Konzern außerplanmäßige Wertberichtigungen auf seinen Kraftwerkspark in Höhe von 4,3 Milliarden Euro vor. Diese entfallen im Wesentlichen auf Anlagen in Deutschland, aber auch in Großbritannien, den Niederlanden und der Türkei.

Der zweite Aspekt, der zu hohen Abschreibungen führt, sind die Altlasten des Atomgeschäfts. Nachdem die Bundesregierung den Atomkonzernen die Möglichkeit eröffnet hat, sich aus der Haftung für die Verwahrung des Strahlenmülls freizukaufen, will RWE dieses Angebot möglichst schnell wahrnehmen.

Der Essener Konzern hat daher angekündigt, bereits zum 1. Juli 2017 den auf das Unternehmen entfallenden Gesamtbetrag von rund 6,8 Milliarden Euro zu bezahlen. Damit kann er dem Kostenrisiko der Zwischen- und Endlagerung entfliehen. Da der zu zahlende Betrag um rund 1,8 Milliarden Euro höher liegt als die bisher in der Bilanz zurückgestellten Mittel, mussten weitere Rückstellungen verbucht werden. Sie wirken sich nun negativ auf die Konzernbilanz aus.

Der Verband der kommunalen RWE-Aktionäre zeigte sich gestern überrascht von der Entscheidung der Konzernleitung, den Anteilseignern erneut keine Dividende zu bezahlen. Lediglich für die stimmrechtslosen Vorzugsaktien – keine zwei Prozent der ausgegebenen Papiere – soll es eine bescheidene Dividende in Höhe von 13 Cent je Anteilsschein geben.

Im Jahr 2016 hatte der Konzern zum ersten Mal seit Jahrzehnten seinen Stammaktionären kein Geld ausschüttet. Es war der Tiefpunkt eines seit Jahren anhaltenden Niedergangs: 2015 hatte die Dividende noch bei einem Euro je Aktie gelegen, 2009 sogar noch bei 4,50 Euro.

Doch inzwischen zeigt sich RWE-Chef Schmitz wieder zuversichtlich; für das Bilanzjahr 2017 stellt er wieder eine Ausschüttung in Aussicht – also exakt zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Kosten für die Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfälle aus der Firmenbilanz in die Verantwortung des Staates übergegangen sein werden.

Bernward Janzing