Tausenden Windrädern in Deutschland droht das Aus

Energie Mit dem Auslaufen der EEG-Förderung könnten demnächst zahlreiche Windkraftanlagen unrentabel werden. Die dezentrale Photovoltaik steht hingegen deutlich besser da

FREIBURG taz | Mit dem Jahr 2021 wird eine neue Ära der Energiewende beginnen: Die ersten Anlagen zur Ökostromerzeugung fallen – nach 20 Jahren – aus dem Vergütungssystem des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) heraus. Damit wird die komfortable Zeit der fixen Vergütungen, die die Kunden finanzieren müssen, vorbei sein, und die Betreiber werden den Strom selbst vermarkten oder nutzen müssen – sofern sich ein Weiterbetrieb der Anlagen überhaupt rechnet.

Der Wegfall der EEG-Vergütung trifft die Kraftwerksanlagen unterschiedlich. Die Windbranche warnt bereits: Mit dem Ende des Jahres 2020 würden in Deutschland etwa 6.000 Anlagen mit einer Leistung von zusammen 4.500 Megawatt aus der Vergütung fallen. Weil fortan immer zum Jahreswechsel weitere Anlagen folgen – stets jene, die ihre 20 Jahre vollendet haben –, rechnet die Branche bis 2026 mit jährlich weiteren 1.600 Rotoren (entsprechend einer Leistung von etwa 2.500 Megawatt), deren Betrieb gefährdet ist.

Es könnte also fast so viel an Kapazitäten wegfallen wie zeitgleich zugebaut wird: Der politisch definierte Ausbaukorridor für Neuanlagen sieht vom Jahr 2020 an eine jährliche Ausschreibungsmenge von 2.900 Megawatt Windkraft vor – unabhängig von der Menge des gleichzeitigen Rückbaus alter Anlagen. „Gehen die Altanlagen massenweise vom Netz, wird die Energiewende um Jahre zurückgeworfen“, warnt Oliver Hummel, Vorstand der Naturstrom AG.

Die Betreiber können natürlich versuchen, ihren Strom am Markt abzusetzen. Doch das ist aufgrund der Überkapazitäten auf dem europäischen Strommarkt wenig lukrativ: „Bei einem aktuellen Großhandelspreis von rund drei Cent je Kilowattstunde ist ein rentabler Weiterbetrieb vieler Anlagen kritisch“, sagt Daniel Hölder, Leiter Energiepolitik bei der Clean Energy Sourcing AG. Denn es fallen nicht nur weiterhin Kosten für Wartung und Pacht an, sondern es werden vielfach neue Gutachten und Genehmigungen nötig, weil diese einst nur bis zum Ende des Förderzeitraums ausgestellt wurden.

Eine von Naturstrom AG und Deutscher Umwelthilfe (DUH) präsentierte Studie der Deutschen WindGuard GmbH zeigt, dass ein Teil der älteren Windkraftanlagen erst ab einem Erlös von etwa 3,5 Cent pro Kilowattstunde weiterbetrieben werden kann, wirtschaftlich wird es oft erst bei über 4 Cent. Nur sehr wenige Maschinen, bei denen sowohl die Ertrags- als auch die Kostenstrukturen extrem günstig ausfallen, könnten ihren Strom schon für knapp unter 3 Cent produzieren, was dem derzeitigen Marktniveau entspricht.

Weniger Bedeutung hat das Ende der EEG-Vergütung einstweilen für die Photovoltaik. Da die frühen Solarstromanlagen klein waren und auf Dächern installiert wurden, bietet sich in der Regel der Eigenverbrauch im betreffenden Gebäude an; in Zukunft auch unterstützt durch einen Speicher. Der ökonomische Wert einer jeden Kilowattstunde berechnet sich dann am Preis des vermiedenen Strombezugs, nicht am Strompreis im Großhandel. Zudem fallen – anders als bei der Windkraft für Wartung und Pacht – bei Solarstromanlagen auf dem eigenen Dach im Idealfall (also ohne mögliche Reparaturen) praktisch keine Kosten an. Bei Großanlagen, vor allem im Freiland, sieht das natürlich anders aus. Doch die kamen erst einige Jahre später und haben daher noch etwas Zeit vor sich.

Beim Biogas drängt das Thema mehr. Im Zeitraum bis 2024 läuft für Kraftwerke mit zusammen etwa 500 Megawatt die bisherige Förderung aus. Und ohne garantierte Vergütungen sind die Anlagen schon alleine aufgrund der Rohstoffkosten kaum wirtschaftlich zu betreiben. Deswegen hatte die Bioenergie sich schon bei der jüngsten Novelle des EEG dafür stark gemacht, dass sich auch Altanlagen in Ausschreibungen für weitere Vergütungsjahre bewerben dürfen – was ihnen dann auch gewährt wurde. Bernward Janzing