Niederlande
nach den Wahlen

Und wieder konnten die progressiven Kräfte Wahlvolk mobilisieren, um Rechtspopulisten zu stoppen. Kein Grund zur Panik also?

Durchatmen in Brüssel

Reaktionen EU und Berlin loben Holländer und hoffen auf Paris

BRÜSSEL taz | Man hatte eine neue Niederlage für Europa befürchtet, wie beim Brexit vor fast einem Jahr. Entsprechend groß ist in Brüssel und Berlin nun die Erleichterung über den (relativen) Wahlsieg des niederländischen Premierministers Mark Rutte über den EU-Gegner Geert Wilders.

Das Wahlergebnis sei eine „Inspiration für viele“, sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. „Das niederländische Volk hat mit überwältigender Mehrheit für die Werte gestimmt, für die Europa steht“, schrieb er in einem Glückwunschschreiben an Rutte.

Auch die europäischen Liberalen und Grünen jubelten. Die Wähler hätten Wilders’ „Anti-EU-Populismus“ zurückgewiesen, freut sich der europäische Liberalen-Chef Hans van Baalen. Die Grünen zogen eine Parallele zur Wahl in Österreich, wo sie im Herbst wie nun auch in den Niederlanden zugelegt hatten. „Dies ist schon das zweite Mal, dass die autoritären Populisten gescheitert sind“, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer. „Die populistische Welle existiert nicht“, gab er sich optimistisch.

Bütikofer spielt damit auf Frankreich an, wo mit Marine Le Pen eine weitere Nationalistin die EU herausfordert. Bei der Präsidentschaftswahl im ­April und Mai könnte Le Pen nach den Umfragen in die entscheidende zweite Runde kommen. In Brüssel hofft man nun, dass Wilders’ Niederlage auch Le Pen einen Dämpfer gibt.

In Berlin äußerte sich Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) geradezu euphorisch: „Niederlande, oh Niederlande, du bist ein Champion! Wir lieben Oranje für sein Handeln und Tun!“, schrieb er auf Twitter. Kanzlerin Angela Merkel sprach von einem „guten Tag für die Demokratie“, und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerte sich überzeugt, dass sich das „bei der französischen Präsidentschaftswahl wiederholen wird“.

Sorgen machen sich viele EU-Politiker in Brüssel um die Regierungsbildung in Den Haag. Mark Ruttes bisherige Koalition steht ohne eigene Mehrheit da. Er müsse nun schnell für Klarheit sorgen, heißt es in Brüssel. Auf keinen Fall dürfe er sich von Wilders tolerieren lassen, warnte Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD.

Fragezeichen schweben auch über dem Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem. Er gehört der großen Wahlverliererin, der sozialdemokratischen PvdA an und dürfte nun sein Amt als niederländischer Finanzminister verlieren. Dies wirft die Frage auf, ob er die Eurogruppe weiterleiten kann.

Der linke Europaabgeordnete Fabio De Masi hat dies bereits verneint: Dijsselbloem müsse „umgehend aufgeben“. Dijsselbloem sei nicht nur in dem Niederlanden gescheitert, sondern habe die Eurozone in die Sackgasse der Kürzungspolitik und der permanenten Krise geführt.

Eric Bonse