Berliner Szenen
: Frühling

Alienwissenschaftler

Kekse isst er nur, wenn er sie vorher in den Sand getunkt hat

Der Frühling ist da. Endlich. Ich sitze mit Laptop und Kaffeebecher im Park und versuche zu arbeiten. Auf dem Spielplatz nebenan tragen alle Kinder Fahrradhelme. Sie sehen aus wie Riesen-Smarties mit Beinen untendran. Die Sonne blendet.

Eine Dame mit Dackel bleibt stehen und schaut zu. „Wenn jetzt ein Ufo mit Alienwissenschaftlern hier landen würde“, sagt sie, „würden die bestimmt in ihren Logbüchern verzeichnen: ‚Der Mensch ist ein interessantes Wesen. Er wird als Würmchen geboren, liegt nur herum und schreit den ganzen Tag. Später entwickelt er am oberen Ende einen schalenartigen Auswuchs, der abhängig von der Blutgruppe farblich variiert.

Wenn der Mensch die Geschlechtsreife erlangt, stößt er den schalenartigen Auswuchs ab und bekommt Haare am ganzen Körper. Die schalenartigen Auswüchse werden zu Kinderwagen, in denen dann neue Menschenwürmer heranwachsen. So funktioniert die Fortpflanzung. Im Wurmstadium nuckelt der Mensch. Entweder am Schnuller oder an der Flasche. Sobald der Mensch den schalenartigen Auswuchs am oberen Ende entwickelt hat und sich bewegen kann, rennt er die ganze Zeit rum und ernährt sich ausschließlich von Sand. Manchmal isst er auch Kekse, aber nur, wenn er sie vorher in Sand getunkt hat.

Wenn der Mensch zu groß geworden ist und schon überall Haare hat, stellt er seine Bewegungsfunktion wieder ein. Er sitzt dann nur noch rum und nuckelt wieder. An Zigaretten, Flaschen oder Kaffeebechern. Zur Ruhigstellung werden ihm Smartphones gereicht. Wir empfehlen die Gründung einer Forschungsgruppe. Logbucheintrag von James A.Lien, Kapitän der RSS Orion.‘“

Die Dame zuppelt an der Hundeleine ihres Dackels und schaut mich an. „Na denn, schön’ Tach noch!“, sagt sie und geht. Lea Streisand