Die Studierenden wollen nicht umziehen

Ungarn Neues Hochschulgesetz unterzeichnet. Was wird nun aus der Central European University?

Tausende zeigten Sonntagabend in Budapest Flagge Foto: Zoltan Balogh/dpa

Aus Budapest Tibor Rácz

Der ungarische Staatspräsident János Áder hat am Montagabend trotz aller Proteste auf den Straßen Budapests das neue Hochschulgesetz unterzeichnet. Es richtet sich gegen die US-geführte und vom Milliardär George Soros geförderte Central European University (CEU) und könnte sogar zu ihrer Schließung führen.

Etwa 70.000 Menschen hatten am Sonntag erneut gegen das Gesetz demonstriert. Die deutsche Bundesregierung, das US-amerikanische Außenministerium, mehrere Dutzend Nobelpreisträger, der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan und zahlreiche Wissenschaftler aus aller Welt haben das Gesetz verurteilt: Es richte sich gegen die Freiheit der Wissenschaft.

Einer Erklärung des ungarischen Präsidialamtes ist zu entnehmen, dass Präsident Áder das Gesetz für verfassungskonform hält, es „in Übereinstimmung mit internationalen Vereinbarungen“ sieht und findet, es bedeute „keine Verletzung des Rechts auf Freiheit der Bildung“. Auch sieht der Präsident keine „Verletzungen von EU-Recht oder sonstigen internationalen Verträgen“, denen Ungarn verpflichtet ist.

Laut dem Kanadier Michael Ignatieff, Präsident der CEU, ist das Gesetz ein massiver Angriff auf seine Hochschule. In einer E-Mail an Studenten und Mitarbeiter teilte er mit, die CEU werde in Budapest bleiben, egal was passiere. „Budapest ist unser Zuhause und wir werden nicht von hier flüchten.“

Am Montagabend, nach der Unterzeichnung des Gesetzes, versammelten sich etwa 2.000 Menschen vor dem Amtssitz des ungarischen Staatspräsidenten und forderten ihn auf, zurückzutreten. Eine junge Studentin schwenkte eine EU-Fahne auf dem Gebäude des ungarischen Radios. Die Demonstration richtete sich nicht nur gegen Áder, sondern auch gegen die rechtsnationale Fidesz-Regierung.

Der Rektor der FU Berlin hat der CEU Budapest Asyl ­angeboten

Die EU wird das Hochschulgesetz prüfen, die Europabeauftragte der US-Regierung ist zu Gesprächen auf dem Weg nach Budapest und die Initiative „I stand with CEU“ hat für Mittwochabend weitere Proteste angekündigt. Mehrere Universitäten haben ihre Hilfe angeboten, so zum Beispiel die Freie Universität in Berlin. Ihr Rektor betonte, die CEU könne nach Berlin ins Exil ziehen. Auch Wien und Wilna boten Hilfe an.

Es ist schwierig, die politischen Absichten im Hintergrund nicht zu sehen: Das „Lex CEU“ ist ein Teil von Ministerpräsident Viktor Orbáns orchestrierten Angriffen gegen George Soros und die offene Gesellschaft. Die CEU ist eine Privatuniversität mit Stipendienprogrammen, unter anderem für Roma und Flüchtlinge. Sie ist weltweit angesehen in Sozialwissenschaften, Politikwissenschaft und Psychologie.

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