Baudenkmal soll weichen

City Investor wollte Commerzbank-Hochhaus von Anfang an abreißen

Der weiße Gründerzeit-Bau steht nicht unter Denkmalschutz, dafür das Hochhaus nebenan

Noch ist das Denkmalschutzamt nicht eingeknickt. Dabei möchte nicht nur der neue Investor das frühere Commerzbank-Hochhaus aus Glas, Stahl und Beton am Neß abreißen. Auch die SPD spricht sich öffentlich für den Abriss des denkmalgeschützten Bürogebäudes aus den 1960er-Jahren aus – und damit auch gegen die bisherige Einschätzung der Denkmalschützer.

Für diese nämlich verbindet der „Erweiterungsbau der Commerzbank architektonische und städtebauliche Ideale der Nachkriegszeit in charakteristischer Weise und ist ein wichtiges Beispiel für das Leitbild der aufgelockerten und gegliederten Stadt“. Die Behörde stellte das Hochhaus bereits 2006 unter Denkmalschutz, genauer das Stahlgerüst im Kern des Gebäudes. „Diese Bauweise ist etwas sehr besonderes, die wollen wir der Nachwelt erhalten“, begründet der Sprecher der Kulturbehörde Enno Isermann. Das sei mit der Schilleroper in St. Pauli vergleichbar, bei der auch nur das Stahlgerüst, nicht aber das Wellblech darum herum unter Schutz stehe.

Müsse der Kern erhalten bleiben, sei die Nutzung des Gebäudes „wirtschaftlich unzumutbar“, argumentiert hingegen Dennis Barth, der Geschäftsführer von Procom Invest. Das Unternehmen, das auch für den umstrittenen Bürokomplex Zeise II in Ottensen die Verantwortung trug, hatte das Hochhaus und den weißen Altbau der Commerzbank aus den 1870er-Jahren, der nicht unter Denkmalschutz steht, von der Bank gekauft. Der Kaufpreis wird auf rund 75 Millionen Euro geschätzt. An der Stelle nahe des Rathauses in der Innenstadt sollen Büro- und Wohngebäude mit Gastronomie und einem Hotel entstehen.

„Ich bin davon überzeugt gewesen, dass es abgerissen werden kann“, sagt Barth über das Hochhaus. Zwei von ihm in Auftrag gegebene Gutachten hätten Mängel beim Brandschutz und der Statik ergeben. Zwar sei eine Sanierung theoretisch möglich, „aber zum Mond fliegen auch“. Wirtschaftlich zumutbar sei sie nicht.

Im Hamburgischen Denkmalschutzgesetz ist geregelt, dass der Erhalt eines geschützten Gebäudes unzumutbar ist, wenn die Kosten nicht durch den Gebrauchswert eines Denkmals aufgewogen werden können – also bei einem wirtschaftlichen Totalschaden.

Den sieht Dirk Kienscherf von der SPD-Bürgerschaftsfraktion gegeben. „Das Gebäude weist erhebliche funktionale Mängel auf“, sagt er. „Es wäre ein wahnsinniger Aufwand, das zu sanieren.“ Kienscherf plädiert deshalb für den Abriss, würde dafür aber gern die Fassade des schmucken, weißen Vorkriegsgebäudes nebenan erhalten. „Das ist städtebaulich prägend.“ Zudem könne der Investor das Hochhaus nach neuen Standards „in der selben Anmutung“ wieder aufbauen. Das hält auch Barth von Procom Invest für möglich. Was letztlich gebaut werde, entscheide sich aber noch in einem Architektenwettbewerb.

Kritik am Umgang mit dem Denkmalschutz kommt von der Linken-Abgeordneten Heike Sudmann. „Der Denkmalschutz ist dafür da, Bauepochen darzustellen und nicht, um die Wünsche des Investors zu erfüllen.“ Anstatt nur die Fassade des Altbaus, sollten beide Gebäude erhalten bleiben, sagt sie. Geschmacksentscheidungen dürften keine Rolle spielen.

„Das Ideal von Schönheit ändert sich“, sagt auch Isermann von der Kulturbehörde. Sie sei daher kein Maßstab für den Denkmalschutz. Die Entscheidung über den Abriss des Hochhauses ist trotzdem noch nicht gefallen. Die Behörde lasse die Statik des Gebäudes nun von Fachleuten prüfen. Mit dem Investor ist die Behörde im Gespräch. „Es kann sein, dass wir am Ende feststellen, dass die Sanierung nicht wirtschaftlich darstellbar ist.“ Andrea Scharpen