Ärztekammer stützt Abtreibungsgegner

Abbruch Die niedersächsische Ständevertretung kritisiert Gesundheitsministerin Cornelia Rundt dafür, dass sie einer Klinik in Dannenberg mit der Streichung von Geldern gedroht hat, sollte sie keine Abtreibungen anbieten

Hier können Frauen wieder abtreiben: Dannenberger Elbe-Jeetzel-Klinik Foto: Philipp Schulze/dpa

von Andrea Scharpen

In Niedersachsen sind die Wege für Frauen, die ungewollt schwanger sind und eine Abtreibung wollen, oft weit. Im Emsland, der Grafschaft Bentheim oder in den Landkreisen Cloppenburg, Vechta oder Diepholz ist die Versorgung nach taz-Recherchen so schlecht, dass Frauen für einen Abbruch zum Teil über 100 Kilometer fahren müssen. Weil sich Niedersachsens Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) dafür eingesetzt hat, dass zumindest in der Dannenberger Elbe-Jeetzel-Klinik wieder Abtreibungen angeboten werden, wird sie nun von der Niedersächsischen Ärztekammer kritisiert. Das berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung.

Rundt hatte der Elbe-Jeetzel-Klinik des Capio-Konzerns damit gedroht, Fördergelder aus dem Landeshaushalt zu streichen, sollte das Krankenhaus bei seiner damaligen Linie bleiben und Schwangerschaftsabbrüche nur noch in Ausnahmefällen zulassen (taz berichtete). Im Dezember 2016 soll der Klinikmanager Markus Fröhling wissentlich einen Abtreibungsgegner als Chefarzt der Gynäkologie eingestellt haben. Fröhling ist mittlerweile beurlaubt, der religiöse Chefarzt gegangen und die Klinik führt wieder Abtreibungen durch.

Der Justiziar der Ärztekammer, Karsten Scholz, kritisiert in der April-Ausgabe des Niedersächsischen Ärzteblattes, dass die Ministerin Druck ausgeübt hat. Denn Schwangerschaftsabbrüche seien vom Gesetzgeber zwar von Strafe ausgenommen, aber dennoch rechtswidrig (siehe Kasten). „Vom Vorhalten eines rechtswidrigen Behandlungsangebots darf der Staat nicht die Gewährung von allgemeinen Fördermitteln abhängig machen“, schreibt Scholz. Zudem sei es falsch, das Angebot von Abtreibungen zu einem „Qualitätsindikator für die Krankenhausplanung“ zu machen. Frauen hätten außer in Notfällen keinen Anspruch auf Abbrüche.

Das sieht Rundt anders: Die Länder seien berechtigt, Qualitätskriterien zu definieren, anhand derer sie über die Vergabe von Investitionsmitteln entschieden. Dementsprechend könne die „Bereitschaft eines Krankenhausträgers, an der Erfüllung des staatlichen Auftrages nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz mitzuwirken“, eine Entscheidungshilfe für Fördergelder sein, so die Ministerin.

Nach § 218 ist Abtreibung rechtswidrig und strafbar. Es gibt Ausnahmen, bei denen auf eine Strafverfolgung verzichtet wird.

Gesetzliche Beratung: Die Schwangere muss eine Konfliktberatungsstelle aufsuchen. Der Arzt kann frühestens drei Tage nach dem Beratungstermin die Abtreibung vornehmen. Seit der Empfängnis dürfen höchstens zwölf Wochen vergangen sein.

Indikationsregelung: Man unterscheidet zwischen medizinischer und kriminologischer Indikation. Liegt eine davon vor, ist eine Abtreibung rechtmäßig.

Medizinische Indikation: Die Abtreibung ist „angezeigt [...], um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden“.

Kriminologische Indikation: Die Schwangere wurde vergewaltigt und es sprechen dringende Gründe dafür, dass die Schwangerschaft auf der Tat beruht.

Keine Frau treffe den Entschluss, ein Kind abzutreiben leichtfertig. Es sei wichtig, dass die Betroffenen, den „für sie emotional und körperlich belastenden Eingriff in einer vertrauten Umgebung in angemessener Entfernung zum Wohnort“ durchführen lassen könnten, sagt Rundt.

Die Sprecherin des Beratungsnetzwerkes Pro Familia, Regine Wlassitschau, findet es richtig, dass das Land sich dafür einsetzt, dass Frauen wohnortnah einen Abbruch vornehmen lassen können. Trotzdem sei es falsch gewesen, dass die Ministerin der Klinik mit dem Entzug von Fördermitteln gedroht habe. „Sie hätte den Fall zum Anlass nehmen können, um die Versorgung im Land insgesamt zu prüfen und Ideen für einen besseren Zugang zu entwickeln“, sagt Wlassitschau. Es bringe nicht viel, einer einzelnen Klinik zu drohen, wenn es in ganzen Regionen schwierig sei, einen Abbruch vorzunehmen.

In Niedersachsen gibt es nach Auskunft des katholischen Krankenhausverbands Deutschlands 22 katholische Kliniken mit Gynäkologie-Abteilungen. Dort werden keine Abbrüche nach der Beratungsregelung bis zwölf Wochen nach der Empfängnis durchgeführt. Deshalb müssen sich Frauen in mehreren Landkreisen Alternativen zur Klinik suchen.