AfD

Monatelang tobte ein Machtkampf in der rechtspopulistischen Partei. Nun ist er beendet, Verliererin ist die Vorsitzende Frauke Petry

Zwei Kontrapunkte gegen rechts

Proteste Trotz Mammut-Polizeiaufgebot gelingt es ca. 20.000 DemonstrantInnen den Start des Bundesparteitags der AfD deutlich zu erschweren

„Entgegen der von der Polizei verbreiteten Szenarien haben die Blockaden genau das von uns angekündigte Bild gezeigt: bunt, vielfältig und entschlossen“

Reiner Krause, „Köln gegen Rechts“

KÖLN taz | Die Stimmung unter den BlockiererInnen am Kölner Rheinufer ist gelöst: Pinke Luftballons schweben über der Szenerie, ein Mann wirft Fotografen Kusshände zu, einer sitzt mitten in der Menge und liest Noam Chomsky, wer an ihm vorbei will, muss einen Umweg nehmen.

Das merkt auch ein fluchender älterer Mann, der die DemonstrantInnen als „Gesetzesbrecher“ beschimpft und mitten durch die Menge will. „Ich werde den Weg nicht für Sie freiprügeln“, sagt ein Bundespolizist gelassen. An den folgenden Polizeikontrollen immerhin kommt der Herr mit seinem AfD-Ausweis vorbei.

Das Konrad-Adenauer-Ufer war einer von mehreren Orten, an denen es am Samstagmorgen einige tausend Menschen schafften, für ein paar Stunden den Weg in die Kölner Innenstadt zu blockieren. Bei Morgengrauen um sieben Uhr früh waren sie bei Nieselregen aus fünf Richtungen sternförmig in Richtung Innenstadt gelaufen – begleitet von einer Übermacht von 4.000 Polizeikräften.

Helikopter kreisten über Köln, Mannschaftswagen und Wasserwerfer parkten in den Seitenstraßen, die Reiterstaffel war im Einsatz. Trotzdem konnten die DemonstrantInnen den Start des AfD-Bundesparteitags zwar nicht verhindern – aber doch deutlich erschweren: An ihrem Tagungsort am Heumarkt wurden AfD-Abgeordnete mit Konfetti, Pfeifkonzerten und Sprechchören empfangen – „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!“ – und mussten schließlich einzeln und unter Polizeischutz zum Hotel Maritim geleitet werden.

Die Stimmung im Vorfeld des Parteitags war angespannt gewesen: Rund 50.000 DemonstrantInnen aus dem gesamten Bundesgebiet, so die Polizei, würden in Köln erwartet. Immer wieder hatte Polizeipräsident Jürgen Mathies von „gewaltbereiten Linksradikalen“ und „illegalen Aktionen“ gesprochen.

Busse mit DemonstrantInnen kamen dann tatsächlich aus Hamburg, Berlin, Freiburg und anderen Städten – insgesamt jedoch waren deutlich weniger Menschen auf den Straßen als erwartet, und auch die befürchtete Eskalation blieb aus. „Entgegen der von der Polizei verbreiteten Szenarien haben die Blockaden genau das von uns angekündigte Bild gezeigt: bunt, vielfältig und entschlossen“, sagte Reiner Krause von „Köln gegen Rechts“, einem der beiden großen Bündnisse, die für die Gegendemos mobilisiert hatten.

Die DemonstrantInnen sammelten sich gegen elf Uhr am Heumarkt. Beide Bündnisse hatten für diesen Platz mobilisiert, einen der größten der Stadt – und um diese Zeit gingen bereits die einen und kamen die anderen: Während die erste Demo der Antifaschisten von „Köln gegen Rechts“ nach taz-Schätzungen mit rund 10.000 TeilnehmerInnen startete, sammelten sich gleichzeitig schon die ersten TeilnehmerInnen des bürgerlichen Bündnisses „Köln stellt sich quer“ am Platz, das von Gewerkschaften, Parteien und Kirchen getragen wurde.

Am frühen Nachmittag hielten sich schätzungsweise weitere 10.000 DemonstrantInnen auf dem Heumarkt auf, auf der Bühne sprachen Comedian Fatih Çevikkollu und PolitikerInnen fast aller Kölner Ratsfraktionen. „Wir setzen einen Kontrapunkt zu denen da drüben“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit Blick auf den Tagungsort der AfD.

Linkspartei-Chefin Katja Kipping, die mit ihrer Partei beide Bündnisse unterstützte und als parlamentarische Beobachterin vor Ort war, sprach von einem „echten Erfolg der Zivilgesellschaft“. An dem waren auch die Kölner Karnevalsgesellschaften beteiligt: Sie feierten am Grüngürtel mit Bands wie den Bläck Fööss und einigen tausend ZuschauerInnen.

Die Polizei ihrerseits konnte am Sonntag noch keine Angaben darüber machen, wie viele Menschen insgesamt an den Demonstrationen gegen den AfD-Parteitag teilgenommen haben. Vereinzelt, so ihr Zwischenfazit, habe es am Samstag Rangeleien gegeben. Zwei Polizisten seien leicht verletzt, mindestens fünf TeilnehmerInnen fest- oder in Gewahrsam genommen worden. „Insgesamt ist es aber sehr viel ruhiger geblieben, als es zu befürchten war“, so ein Polizeisprecher.

Das Bündnis Köln gegen Rechts kritisierte demgegenüber einen „unverhältnismäßig harten Polizeieinsatz“, bei dem immer wieder mit Schlagstöcken geprügelt worden sei, sowie „Schikanen“ der BeamtInnen: Vier vollbesetzte Busse aus anderen Städten hätten bereits am Kölner Stadtrand einen Platzverweis erhalten, sodass sie umkehren mussten.

Patricia Hecht
und Christian Werthschulte