Danke, Wolfgang!

Hauptstadt Nach zwei Jahren Verhandlungen unterzeichneten der Bund und das Land Berlin am Montag den Hauptstadtvertrag.Zwei Milliarden Euro lässt sich das Wolfgang Schäuble kosten: für Sicherheit, Kultur und den Tausch symbolischer Grundstücke

Nach „harten Verhandlungen“ konnte Berlins Regierender dem Bundesfinanzminister deutlich mehr Geld abringen Foto: Maurice Weiss/Ostkreuz

von Uwe Rada

Unten, an der Sicherheitsschleuse des Finanzministeriums in der Wilhelmstraße, stehen zwei Wachmänner. Als die Pressekonferenz zu Ende ist, fragte einer: „Und, das mit der Sicherheit gesichert?“ Auf das Nicken des Journalisten reagiert er mit einem Grinsen. „Sind ja auch unsichere Zeiten.“

Die Wachleute und alle jene, die in Berlin Ministerien, gefährdete Einrichtungen oder Demonstrationen schützen, können aufatmen. Die Hauptstadtaufgaben in Sachen Sicherheit lässt sich der Bund weit mehr als bisher kosten. Das sieht der Hauptstadtfinanzierungsvertrag vor, den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters (beide CDU), der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) am Montag im Finanzministerium unterzeichnet haben.

Nicht nur bei den Kosten für die Sicherheit kommt der Bund dem Land entgegen. Auch die Mittel für Kultur, und dort vor allem für Musik, werden in den kommenden zehn Jahren aufgestockt. Darüber bekommt Berlin mit dem Dragoner-Areal und den Grundstücken am Flughafen Tegel Flächen für Wohnungsbau und Stadtentwicklung. Insgesamt hat der Vertrag ein Volumen von zwei Milliarden Euro. Das sind pro Jahr 50 Millionen Euro mehr als der alte Vertrag von 2007, der in diesem Jahr ausgelaufen wäre.

Entsprechend groß war die Freude beim Regierenden Bürgermeister und dem Kultursenator. „Der neue Vertrag ist besser als der alte“, bedankte sich Klaus Lederer. Michael Müller sagte: „Der Bund erkennt an, was die Hauptstadt leistet.“

Hätten das die beiden Wachschützer gehört, sie hätten noch doller gegrinst.

Innere Sicherheit

Viel war es nicht, was der Bund bisher für den Schutz von Botschaften, Ministerien und anderen Hauptstadteinrichtungen in Berlin ausgegeben hat. Der 2007 unterzeichnete Hauptstadtfinanzierungsvertrag, der in diesem Jahr ausgelaufen wäre, sah für die innere Sicherheit bisher 60 Millionen Euro im Jahr vor. Deutlich zu wenig sei das, hatte der Senat dem Bundesfinanzminister immer wieder vorgehalten, und mit 180 Millionen Euro eine eigene Rechnung aufgemacht.

Dass sich der Betrag nun schrittweise auf 120 Millionen Euro verdoppeln wird, ist für den Regierenden Michael Müller (SPD) "ein guter Kompromiss". Müller, der sich zweimal zu einem Vieraugengespräch mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) getroffen hatte, sprach allerdings auch von "harten Verhandlungen". Insgesamt macht das Thema Sicherheit etwa 500 Millionen des zwei Milliarden schweren Hauptstadtfinanzierungsvertrags aus. (wera)

Kultur und Musik

Monika Grütters’ Augen leuchteten. „Berlin ist ein Sehnsuchtsort für Künstler aus aller Welt“, sagte die Kulturstaatsministerin stolz. Da strahlte auch Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Grimmig guckten nur Regierungschef Michael Müller (SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Warum nur? Schäuble gilt als Berlinfan, und Müller war mal Kultursenator.

Es ist ein wahres Füllhorn, das der Bund über der Berliner Kulturlandschaft ausschüttet. Zehn Millionen mehr für die Opernstiftung, das gilt den Leuchttürmen. Aber auch die freie Szene hat mehr Geld, weil der Hauptstadtkulturfonds von zehn auf 15 Millionen aufgestockt wird.

Vor allem die Musik bekommt mehr Geld vom Bund, der ein Drittel der Kosten der Philharmoniker übernimmt. Auch die Kosten des Betriebs im Humboldt-Forum trägt künftig der Bund. Einzige Ausnahme ist die Fläche, die Berlin im Stadtschloss selbst bespielt. (wera)

Grundstückstausch

Michael Müller gab es gerne zu. Nach so vielen Jahren, meinte der Regierende Bürgermeister, wisse er selbst nicht mehr genau, warum welches Grundstück dem Bund oder Berlin gehöre.

Das wird künftig einfacher sein. Dort, wo der Bund bereits Geld für den Betrieb gibt, bekommt er nun auch das Grundstück. Das gilt für den Gropiusbau, die Akademie der Künste, das Haus der Kulturen der Welt oder das Jüdische Museum. Im Gegenzug gibt der Bund das Dragoner-Areal in Kreuzberg in die Hände des Landes.

So weit, so gut. Allerdings gibt es beim Dragoner-Areal, wo Sozialwohnungen entstehen sollen, noch einen Haken. Der ursprüngliche private Käufer will die Rückabwicklung des Kaufvertrags durch den Bund nicht so einfach hinnehmen, es droht eine Hängepartie. Nur beim Haus der Statistik bleibt Finanzminister Schäuble streng. Der Bund tauscht hier nicht, sondern verkauft. Für wie viel, ist noch offen. (wera)

Berlin kriegt Tegel

Wenn das kein Zeichen ist. Der Bund übergibt die Flächen am Flughafen Tegel an Berlin. Würde Finanzminister Schäuble an den Weiterbetrieb des Flughafens glauben, hätte der Bund als Miteigentümer wohl mit einer solchen Entscheidung gezögert.

Tegel wird also irgendwann schließen, und auf dem Gelände des Flughafens soll Berlins ambitioniertestes Zukunftsprojekt entstehen. Mit der Beuth Hochschule für Technik ist der Hauptnutzer für das Terminal gefunden. Drumherum sollen sich Hightech-Unternehmen ansiedeln und den Campus TXL bilden. Michael Müller rechnet mit 20.000 Arbeitsplätzen. Hinzu sollen noch einmal 10.000 Wohnungen und ein 250 Hektar großer Park kommen.

Vor dieser Dimension sind die 4.500 Wohnungen, über die Berlin noch immer mit dem Bund verhandelt, wohl weniger wichtig. Sie sind nicht Teil des neuen Vertrags, vielleicht weil sie der Bund demnächst selber brauchen könnte. (wera)