betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Esther Slevogt

Wir leben in Zeiten der Krise, immer noch. Stürzt der Euro, stürzt er nicht? Was wird überhaupt aus unserem Finanzsystem? Während die einen verzweifeln, sind unsere Theater euphorisiert. Endlich wieder ein Thema mit gesellschaftlichem Relevanzverdacht! Denn da sah es in den letzten Jahren ziemlich düster aus. Problem: Die, die uns da nun auf deutschen Bühnen so wacker den Kapitalismus zu erklären versuchen, sind wahrscheinlich schon mit ihrer privaten Steuererklärung überfordert. Weswegen es meist bei moralischem Gefuchtel bleibt, von einigen Ausnahmen einmal abgesehen. Der Dramatiker Ulf Schmidt zum Beispiel und sein jüngstes Werk „Schuld und Schein. Ein Geldstück“. In kurzen, kabarettistischen Szenen wird hier eine ebenso sachkundige wie federleichte Geschichte des Geldes erzählt: wie der Tausch immer abstrakter wurde, bis sich die Werte im Symbolischen ganz verflüchtigten. Schmidt surft dabei nicht, wie zum Beispiel Elfriede Jelinek in „Die Kontrakte des Kaufmanns“ auf den Schaumkronen der Assoziationswellen zum Thema, die bereits selbst ein Symptom der Auflösung aller Repräsentationssysteme sind. Vielmehr nennt er noch Ross und Reiter. Schädiger und Geschädigte. Glaubt, dass der Durchblick durch das Dickicht des Finanzsystems möglich und vor allem nötig ist. Seit vergangenem Wochenende kann man die Uraufführung des Stückes auf eBay ersteigern: Mehr Infos unter http://schuldundschein.de.

Einer der ersten, der die Krise des Kapitalismus und ihren Fall-out bei den Schwächsten der Gesellschaft in der Literatur und auf dem Theater thematisierte, ist Gerhart Hauptmann gewesen, dessen Geburtstag sich am Donnerstag zum 150. Mal jährt. So hat die Post eine Briefmarke herausgegeben und die Theater führen seine Stücke auf. Das Maxim Gorki Theater etwa, wo Armin Petras eine Bühnenfassung der berühmten Erzählung „Bahnwärter Thiel“ herausbringen wird. (Premiere am Samstag) Oder das Deutsche Theater, wo zu DDR-Zeiten eine prominent platzierte Gedenktafel daran erinnert hat, dass dereinst auch Lenin hier eine Vorstellung von Gerhart Hauptmanns Sozialdrama „Die Weber“ sah. An diesem Wochenende ruft das DT unter der Überschrift „Nu jaja, nu neenee“ drei Gerhart-Hauptmann-Tage aus. Gezeigt werden unter anderem die beiden Hauptmann-Inszenierungen von Michael Thalheimer „Die Weber“ (Samstag) und „Die Ratten“ (Sonntag). Mehr Infos: www.deutschestheater.de.

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