Bernhard Pötter über eine Regierung unter Ökostrom
: Die Wende braucht Energie

Energiewende in Deutschland, das war bisher fast ein Selbstläufer: Den Markt für Öko-Energien mit dicken Subventionen anschieben, überall Windräder und Solarpaneele hinstellen, sich als Klima- und Energieweltmeister feiern lassen – und ansonsten alles beim Alten lassen.

Dahinter lässt sich leicht die dreckige Kehrseite der grünen Revolution verstecken: Von Energieeffizienz redet jeder, aber niemand nimmt sie ernst. Unsere Häuser sind immer noch Energiefresser, wir sind Welt­spitze im Verfeuern des Klimakillers Braunkohle und an unseren Autos ist jede Art von Dekarbonisierung völlig vorbeigegangen. Dass sich US-Energieminister Rick Perry, ein Klimaleugner und kurzsichtiger Ölliebhaber, über uns Klimaheuchler lustig machen kann, ist peinlich für ein Land, das der Welt das Wort „Energiewende“ geschenkt hat.

Zu Recht formuliert deshalb die Studie der Agora Energiewende, was die nächste Regierung in den kommenden vier Jahren ändern muss, will Deutschland glaubwürdig bleiben. Die einzelnen Maßnahmen sind alt. Ganz neu aber: Sie müssen jetzt tatsächlich umgesetzt werden. Sechs Jahre nach dem zweiten Atomausstieg und der offiziellen Energiewende und zwei Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen muss die Regierung endlich Ernst machen mit einer Energiepolitik, die diesen Namen verdient. Es geht jetzt nicht mehr um ein paar Windräder auf Bauer Hansens Acker, sondern um einen grundlegenden Umbau der Energiewirtschaft – mit allen Chancen und Risiken.

Die Studie ist aber auch ein Alarmruf für alle Beteiligten: Umweltverbände, Industrie, Verbraucherschützer, Opposition: Das „Gemeinschaftprojekt Energiewende“ läuft nicht mehr einfach so. Dafür braucht es Gesetze, Engagement, Druck. Die Gefahr ist groß, dass alle so oft „Energiewende“ sagen, bis jeder denkt, sie komme von allein. Das ist ein Fehler. Für eine echte Wende braucht es vor allem: eine Menge Energie.

Wirtschaft + Umwelt