Auf der Sanktionsliste der EU

Kongo Einreiseverbote gegen neun weitere hochrangige Amtsträger. Ihre Konten werden eingefroren. Sie werden schwerster Verbrechen beschuldigt

Informationsminister Lambert Mende 2016 in Kinshasa Foto: reuters

KAMPALA taz | Die Europäische Union hat neun weitere kongolesische Offizielle auf die Sanktionsliste gesetzt. Sie können nicht mehr in die EU einreisen, ihre Konten bei europäischen Banken wurden eingefroren. „Die Europäische Union ist ernsthaft besorgt über die Verschlechterung der Lage in der Demokratischen Republik Kongo“, heißt es in einer EU-Pressemitteilung vom Montag.

Bereits im Dezember 2016 hatte die EU sieben Offizielle sanktioniert, darunter die Chefs des Militärgeheimdiensts und der Präsidentengarde. Die neun neuen Personen sind unter anderem Minister und Armeekommandeure. Sie werden verdächtigt, in die Massentötungen und -vertreibungen in der südkongolesischen Region Kasai involviert zu sein. So Evariste ­Boshab, Vizepremier und Innenminister von 2014 bis 2016, sowie Ramazani Shadiri, sein Nachfolger. Beiden wird vorgeworfen, für Repressalien gegen Oppositionelle landesweit verantwortlich zu sein, also auch den Konflikt in Kasai „angefacht und angeheizt“ zu haben.

Bedeutend ist vor allem die Listung des langjährigen Informationsministers Lambert Mende. Er ist ein enger Vertrauter Joseph Kabilas. Er sei der Sprecher „der Unterdrückungspolitik gegen pro­demokratische Jugendbewegungen, Menschenrechtsorganisationen und die politische Opposition“ und verantwortlich für das „harte Durchgreifen gegenüber den Medien, die Verhaftung von Journalisten sowie das Abschalten von Medien“, sagt die EU. Gemeint sind die Sender RFI (Radio France International) sowie das UN-Radio Okapi, deren Radiosignale monatelang in der Hauptstadt gestört wurden.

Hintergrund der Sanktionen ist die Eskalation der Gewalt in Kasai, wo allein dieses Jahr eine Million zusätzliche Vertriebene gezählt worden sind. Um Berichten über Dutzende Massengräber nachzugehen, waren im März zwei UN-Ermittler nach Kasai gereist: der US-Amerikaner Michael Sharp und die Schwedin Zaida Catalan. Nach einem Treffen mit dem örtlichen Armeekommandanten verschwanden die beiden spurlos. Erst zwei Wochen später fand ein UN-Suchteam die Leichen. Der Kopf der Schwedin Catalan fehlt bis heute.

Kongos Regierungssprecher Mende hatte am Tag nach dem Verschwinden der Ermittler die oppositionellen Milizen in Kasai beschuldigt, die beiden entführt zu haben. Kongos Militärstaatsanwalt bestätigte vor zehn Tagen die Verhaftung von 16 Männern, die mutmaßlich in die Ermordung involviert seien. Zwei wurden angeklagt, Beweise wurde nicht offengelegt. Informationen über den Verbleib von Catalans Kopf sowie des kongolesischen Übersetzers und der drei Motorradfahrer, die mit den UN-Ermittlern verschwanden, gibt es bis heute nicht.

Simone Schlindwein