Spott über CR 14,7

Betrug Die Anzeige gegen Cristiano Ronaldo wegen Steuerhinterziehung bewegt Spanien.
Der Real-Stürmer streitet indes die Vorwürfe ab

Die Zeitungen in Madrid zeigen Ro­naldo plötzlich lieber im Nationaltrikot

MADRID taz | „Zahlen lügen nicht“, lautet ein Lieblingssatz von Cristiano Ronaldo. Die neuesten müssen ihm Angst und Bange machen: Gut 14,7 Millionen Euro soll er laut der Staatsanwaltschaft Madrid an Steuern hinterzogen haben, und wie die spanische Steuerfahndergewerkschaft präzisiert, drohen ihm dafür nicht nur eine Geldstrafe von 28 Millionen Euro, was verkraftbar wäre bei einem geschätzten Jahreseinkommen von 83 Millionen, sondern auch bis zu sieben Jahre Haft.

Die Nachricht über die Anzeige gegen den Superstar von Real Madrid bewegt Spanien. Auf den Titelseiten gestern wurde sie nur von der Parlamentsdebatte über das Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Rajoy wegen der Korruptionsfälle seiner Partei übertroffen. In den Sportzeitungen dominierte sie unangefochten – mit den üblichen Nuancen entlang des Grabens zwischen Madrid und Barcelona. Dort schlagzeilten Sport und Mundo Deportivo schadenfroh mit dem identischen Wortspiel: „CR 14,7“ – in Anlehnung an seine Eigenmarke CR7. Derweil war man in der Hauptstadt bemüht, wenigstens das blütenweiße Real-Trikot rein zu halten. Da sich Ronaldo gerade mit Portugal auf den Confed-Cup vorbereitet, zeigte man ihn lieber im Nationaltrikot. Das Wappen des Vereins, sonst überpräsent, wurde mini („Marca“) oder gar halbiert („As“) am Seitenrand versteckt.

Wie das Portal El Confidencial berichtet, hätten „befreundete Medien“ nach Bekanntwerden der Anzeige konzertierte Anrufe aus der Real-Geschäftsstelle erhalten: Ob man Ronaldo bitte schön anders als im Madrider Trikot abbilden könne. Auffällig erscheint zudem, dass Ronaldo in der soeben lancierten Kampagne für das neue Real-Trikot auf der Vereins-Homepage nur so klein vorkommt wie ein belangloser Ergänzungsspieler. Dem Eindruck, sich von „einer unserer größten Legenden“ (Präsident Florentino Pérez) zu distanzieren, trat der Verein gestern Mittag allerdings mit einem Kommuniqué entgegen: „Real Madrid ist absolut davon überzeugt, dass unser Spieler Cristiano Ronaldo in diesem Prozess seine vollkommene Unschuld beweisen wird.“

Der Spieler selbst äußerte sich bislang nur über einen seiner Anwälte („Die Anzeige ist eine komplette Überraschung für den Spieler, und er sieht darin eine Ungerechtigkeit“) sowie über eine Mitteilung der Firma Gestifute seines Beraters Jorge Mendes. Darin wird der Vorwurf eines Scheinfirmengeflechts zur Unterschlagung von Einnahmen bestritten und ausgeführt, die von der Staatsanwaltschaft bemängelte Konstruktion sei mit Billigung der britischen Steuerbehörden bereits während seiner Zeit bei Manchester United genutzt worden. Laut Anzeigen hingegen wurde sie acht Tage nach der Vereinbarung des Wechsels nach Spanien geschaffen – der Spieler habe „willentlich“ und „wissentlich“ hinterzogen.

Sechs Monate hat das Gericht, um über eine Annahme der Anzeige zu entscheiden. Wie der Präzedenzfall des wegen ähnlicher, aber in Summe und Dauer geringerer Vergehen zu 21 Monaten (Bewährungs-)Haft verurteilten Lionel Messi zeigte, sind etliche Volten im komplizierten spanischen Prozesssystem zu erwarten. Die Ironie, dass die aus dem Umfeld von Real bei Messi geforderte Härte jetzt dem eigenen Heros auf die Füße fallen könnte, ist freilich schon Gewissheit. Wie auch ein Termin des Ronaldo-Beraters Mendes vor Gericht. Wie gestern bekannt wurde, muss er am 27. Juni in einem Verfahren um seinen Klienten Radamel Falcao (ehemals Atlético Madrid) aussagen, in dem auch gegen ihn ermittelt wird. Es geht, natürlich, um Steuern. Florian Haupt