Erste liberale Moschee Deutschlands in Berlin eröffnet

BERLIN taz | Unter intensivem Polizeischutz und großem Medieninteresse ist am Freitag in der Hauptstadt die erste liberale Moschee der Bundesrepublik eröffnet worden. Im neuen Gotteshaus, das im dritten Stock eines evangelischen Gemeindekomplexes im Berliner Bezirk Tiergarten angesiedelt ist, seien Frauen und Männer bei Gebet und Predigt gleichberechtigt, erklärte die Initiatorin des Projekts, Seyran Ateş. Die Anwältin und Frauenrechtlerin sagte, die Moschee stehe den unterschiedlichen Anhängern des Islam wie Sunniten, Schiiten, Sufis und auch Aleviten offen. Man wolle zugleich gegen islamistischen Terror „Gesicht und Haltung“ zeigen.

Benannt ist die Moschee nach dem muslimisch-andalusischen Gelehrten Ibn Rushd und Johann Wolfgang von Goethe. Ateş zufolge hat die Gemeinde bisher rund 20 Mitglieder und ist als gemeinnützige GmbH organisiert. Sie finanziere sich aus Spenden. Die gastgebende evangelische Gemeinde verlangt nur ein Nutzungsentgelt von den muslimischen Gläubigen, etwa für Wasser und Strom. Ateş schilderte vor der Eröffnung des Gotteshauses ihre Vision, eines Tages eine eigene Moschee für ihre liberale Gemeinde zu bauen.

Zugleich verkündete sie, dass die neue Gemeinde einen „Verband der säkularen Muslime“ gründen werde. Im Vorfeld hatte sie betont, dass die Tür der Moschee allen, auch Atheisten, offen stehe. Auch LGBTI-Menschen sind willkommen. Die voll verschleiernden Kopftücher Nikab oder Burka aber würden aus Sicherheitsgründen und als politische Zeichen nicht akzeptiert. Man dürfe die Religion und die Beschäftigung mit ihr nicht den Rückständigen überlassen.

Ateş hat nach eigenen Angaben Drohungen wegen des Moscheeprojekts erhalten. Sie steht unter Polizeischutz. Die Juristin ist gerade dabei, sich zu einer Imamin ausbilden zu lassen. Beim ersten Freitagsgebet in der Moschee beteten zwei Imame vor, ein Mann und eine Frau. Philipp Gessler