taz. thema
: Natürlich Gesund

die verlagsseiten der taz.die tageszeitung

Den richtigen Therapeuten finden

Qualifizierung Die Nachfrage nach Behandlungs­formen aus der Komplementär­medizin und Naturheilkundeist groß. Ebenso zahlreich sinddie Möglichkeiten,sich zu qualifizieren

Alternative Heilmethoden sind gefragt, immer mehr Ärzte und Heilpraktiker qualifizieren sich dafür Foto: Patrick Mourral/Picturetank/Agentur Focus

Von Susann Schlemmer

Rückenverspannungen lösen mit Osteopathie, Akne lindern durch Akupunktur, Bluthochdruck senken mithilfe der Homöopathie – weil alternative Heilmethoden gefragt sind, qualifizieren sich immer mehr Ärzte, Heilpraktiker und Beschäftigte anderer Gesundheitsberufe. Manche Fortbildungen werden innerhalb von wenigen Tagen absolviert, andere über mehrere Jahre. Krankenkassen übernehmen (wenn überhaupt) nur Behandlungskosten mit Blick auf die Ausbildung des Therapeuten. Noch herrschen Missverständnisse bei den Bezeichnungen; so gibt es etwa nicht „den Osteopathen“. Zudem fehlt eine allgemeingültige Zertifizierung. Patienten können sich dennoch orientieren.

Voraussetzung für die meisten Qualifikationen ist eine Heil­erlaubnis, also ein schulmedizinischer Abschluss oder eine Heilpraktikerausbildung. Für Ärzte sind viele Zusatzbezeichnungen geregelt. Erforderlich ist meist eine Facharztausbildung, eine Prüfung durch die Ärztekammer schließt die Qualifizierung ab. „Für das Gebiet der Komplementärmedizin gibt es bisher drei als Weiterbildung und damit zur Zusatzbezeichnung zugelassene Verfahren: Naturheilverfahren, Akupunktur, Homöopathie“, erklärt Sigrid Heinze, Geschäftsführerin der Hufelandgesellschaft.

Für andere medizinische Berufe sind die Bezeichnungen weniger eindeutig festgelegt. So können sich auch Physiotherapeuten und Hebammen im Bereich der Komplementärmedizin fortbilden. Allerdings sind die Anwendungsfelder eingeschränkt. Invasive Verfahren dürfen etwa ohne Heilerlaubnis nicht durchgeführt werden.

Heilpraktiker haben ebenso wie Ärzte nach erfolgreicher Weiterbildung das Recht, Zusatzbezeichnungen zu führen. Ein Fortbildungszertifikat, das im Wesentlichen auf dem System der zertifizierten Fortbildung für Ärzte basiert, soll dabei der Qualitätssicherung dienen. Mehr als 20.000 Heilpraktiker nehmen nach Angaben des Bunds Deutscher Heilpraktiker bereits daran teil. Patienten gibt die Listung eines Arztes oder Heilpraktikers in einem Berufsverband oder einer Fachgesellschaft Auskunft über die Qualität der Weiterbildung. Viele Fachverbände und Gesellschaften bieten Weiter- und Fortbildungen an und arbeiten mit Schulen zusammen, die auch Vollausbildungen mit den Abschlüssen Diplom oder Master anbieten.

Für die Zusatzweiterbildung Akupunktur gibt es für Ärzte zentrale Vorgaben der Bundesärztekammer, die eine 200 Stunden umfassende Kursweiterbildung beinhaltet und mit einer Prüfung durch die Ärztekammer abschließt. „Außerdem sind Zertifizierungen durch die jeweiligen Akupunkturgesellschaften zum Diplom und Master möglich“, erläutert Regina Schwanitz, Vizepräsidentin Akupunktur, Deutsche Gesellschaft für Akupunktur und Neuraltherapie. Qualifizierende Fortbildungen für Heilpraktiker haben einen Umfang von mindestens 250 Stunden, die mit einem Qualitätszertifikat bestätigt werden.

Über Qualifikationen und deren Inhalte informieren folgende Organisationen:

Akupunktur

Deutsche Gesellschaft für Akupunktur und Neuraltherapie e. V. (DgfAN), www.dgfan.de

Deutsche Akademie für Akupunktur e. V. (DAA),www.akupunktur.de

Homöopathie

Bund Klassischer Homöopathen Deutschlands e. V. (BKHD),www.bkhd.de

Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte e. V. (DZVhÄ), www.dzvhae.de

Eine Ärztesuche wird angeboten unter www.homoeopathie-online.info

Naturheilverfahren

Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin e. V. (ZAEN),www.zaen.org

Bund Deutscher Heilpraktiker e. V. (BDH), www.bdh-online.de

Osteopathie

Deutsche Ärztegesellschaft für Osteopathie e.V. (DÄGO),www.daego.de

Bundesverband Osteopathie e. V. (BVO), www.bv-osteopathie.de

„In der ärztlichen Homöopathie gibt es zwei Qualifikationen: die Zusatzbezeichnung Homöopathie mit 100 praktischen Stunden, die durch die Landesärztekammern vergeben wird, und das 300 Stunden Fallseminare umfassende Homöopathie-Diplom, das den Arzt auch zu regelmäßigen Fortbildungen verpflichtet“, erklärt Björn Bendig vom Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte. Für Heilpraktiker ist die Zusatzbezeichnung nicht gesetzlich geschützt. Daher haben die Fachgesellschaften und Schulen unter dem Dach des Bunds Klassischer Homöopathen Deutschlands (BKHD) Qualitätsstandards formuliert: „1.800 Stunden beträgt der Ausbildungsumfang für die Zusatzbezeichnung ‚Qualifizierter Homöopath‘ und endet mit einer zweitägigen Prüfung. Daran schließt sich eine dreijährige Supervisionsphase an, in der erfahrene Homöopathen die korrekte Arbeitsweise der noch unerfahrenen Homöopathen supervidieren“, erklärt Gabriele Mayer, Beauftragte der Qualitätskonferenz des BKHD.

Der Umfang der Weiterbildung bei Naturheilverfahren für Fachärzte „beträgt 160 Stunden Kurse plus 80 Stunden Fallseminare, nur für Letztere ersatzweise drei Monate praktische Weiterbildung bei einem ermächtigten Arzt“, erläutert Rainer Stange, Präsident des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin. Andere Gesundheitsberufe können über Berufsverbände, Ausbildungsinstitute für Heilpraktiker sowie Fachgesellschaften mehrstündige Fortbildungen zu einzelnen Naturheilverfahren wie Phyto- und Atemtherapie absolvieren.

Bei Osteopathie ist die Unterscheidung zwischen einer 160 Stunden umfassenden Fortbildung zu osteopathischen Verfahren und einer qualifizierten Osteopathie-Ausbildung wichtig. „Osteopathie ist eine Heilkunde, die nur von Ärzten und Heilpraktikern ausgeübt werden darf. Qualifizierte Ausbildungen, für die die osteopathischen Fachgesellschaften ein übereinstimmendes Curriculum erstellt haben, dauern 4 bis 5 Jahre“, erklärt Kilian Dräger, Vorsitzender der Deutschen Ärztegesellschaft für Osteopathie.