Das Ding, das kommt
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Ohne Stempeluhr keine Ausbeutung. Sie ist Exponat im Berliner „Museum des Kapitalismus“ – und das wiederum ist zum G-20-Gipfel in Hamburg zu Gast Foto: Ziko-C/Wikimedia Commons

Kontrollierende Apparate

Worum es geht, das erklärte Richard Bürk in seiner Patentanmeldung ganz unverblümt: Einen „Arbeiter-Kontrollapparat“ hatte der Schwenninger Unternehmer und Erfinder 1897 entwickelt, um die Anwesenheit und Aufenthaltsdauer von Fabrikarbeitern aufzuzeichnen. Schon da stellte seine Württembergische Uhrenfabrik nicht nur klassische Uhren her, sondern auch Nachtwächterkontrolluhren, die Zeitpunkte auf Papierrollen druckten.

Pünktlich zu kommen, immer zur selben Zeit mit der Arbeit zu beginnen und erst nach einem genau festgelegten Pensum wieder aufzuhören. Das wurde erst mit Beginn der Industrialisierung und der Notwendigkeit wichtig, Zeiträume und Produktionszyklen über Wochen im Voraus zu planen. Und dass Pünktlichkeit von nun an eine Tugend sein sollte, musste der breiten Bevölkerung erst mal unter Strafandrohung eingebläut werden.

Die Stempeluhren überflüssig gemacht haben heute längst Computer und Chipkarten. Und tatsächlich sind die so etwas wie die Erben der mechanischen Kontrollapparate: Aus der International Time Recording Company, die Anfang des 20. Jahrhunderts den Stechuhrenmarkt dominierte, ging 1924 die International Business Machines Corporation hervor – besser bekannt unter ihrem Kürzel IBM.

Wer noch richtige Stempeluhren sehen will, geht also besser gleich ins Museum, zum Beispiel ins Berliner „Museum des Kapitalismus“. Dort steht so ein Gerät, um den Kampf um die Wochenarbeitszeit erfahrbar zu machen. Initiiert wurde das Museum „von unten“ im Jahr 2013. Es sollte eine Leerstelle in der Museumslandschaft füllen, kümmert sich doch kaum ein Haus um die Formen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Organisation oder macht gar die dahinter steckenden komplizierten Vorgänge auf partizipative Weise verständlich.

Zum G-20-Gipfel ist das „Museum des Kapitalismus“ jetzt eine Woche lang in der Hamburger Galerie Affenfaust zu Gast, gemeinsam mit dem „Kollektiv für Alternativen“. Wer die komplizierten Vorgänge rund um den Gipfel verstehen möchte, findet dort schon mal einen guten Einstieg. Ganz ohne Pünktlichkeit – oder wenigstens Zeitmessung – geht es aber nicht: Geöffnet ist das Museum in der Galerie nur nachmittags von 15 bis 19 Uhr. MATT

Eröffnung: Sa, 1. 7, 19 Uhr, Affenfaust-Galerie, Paul-Roosen-Straße 23, Hamburg; bis Sa, 8. 7.

www.affenfaust.de, www.museumdeskapitalismus.de