Nach dem Geschmack des Ministers

Gerichtsreform Der vom Präsidenten genehmigte dritte Teil der Reform gibt dem Justizminister weitgehende Rechte

WARSCHAU taz | Zwei Gesetze hat Andrzej Duda am Montag überraschend blockiert. Doch den dritten Teil der Jusitzreform hat Polens Präsident durchgewinkt: die Reform der ordentlichen Gerichte. Die ist nicht weniger gefährlich als die beiden nun abgelehnten.

Ordentliche Gerichte in Polen sind Amts-, Kreis- und Wojewodschaftsgerichte. Sie sind in erster und zweiter Instanz für bürgerlich-rechtliche und strafrechtliche Verfahren sowie die freiwillige Gerichtsbarkeit zuständig. Das von Duda unterschriebene „Reformgesetz“ regelt, dass Justizminister Zbigniew Ziobro, der auch Generalstaatsanwalt Polens ist, innerhalb des nächsten halben Jahres alle Gerichtspräsidenten und deren Stellvertreter ohne Angabe von Gründen entlassen und nach Gutdünken durch neue ersetzen kann. Bislang konnte dies nur in Absprache mit dem Richterkollegium beziehungsweise dem Landesjustizrat geschehen.

Später kann der Minister Gerichtspräsidenten weiterhin absetzen oder strafversetzen, wenn sie „ineffektiv“ arbeiten oder ihren „Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen“. Experten zufolge sind diese Sätze so allgemein ­formuliert, dass sie in jedem Fall passen, wenn Ziobro einen unbequemen Richter loswerden will.

Auch die Verteilung der Fälle nach dem Zufallsprinzip auf die Richter kann der Minister aufheben. Wenn Ziobro es für richtig hält, dass in einem Verfahren ein bestimmter Staatsanwalt Klage erhebt und ein bestimmter Richter das Urteil sprechen soll, kann er eine entsprechende Verordnung erlassen.

Nach Ansicht des polnischen Bürgerrechtsanwalts Adam Bodnar verschlechtern diese „Reformen“ die Chancen jedes Normalbürgers auf einen fairen Prozess, wenn es um die Teilnahme an Demonstrationen geht, um ­Entschädigung durch den Staat, um Unfälle mit Beteiligung von Politikern, um Korruptionsfälle mit politischem Hintergrund. Sinnvoller wären Reformen, so Bodnar, die die Beweisaufnahme besser organisieren, die den Richtern mehr Assistenten zubilligen und vermehrt Schöffen in die Prozesse einbinden würden. Gabriele Lesser