Klage gegen Bayerns Geheimdienst

Grundrechte Verfassungsgericht muss klären, ob Verfassungsschutz auf Vorratsdaten zugreifen dürfte

KARLSRUHE taz | Als einziger Geheimdienst darf der bayerische Verfassungsschutz auf die Telefon- und Internetdaten der Vorratsdatenspeicherung zugreifen. Das wollen bayerische Linke mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) verhindern. Konzipiert wurde die Verfassungsbeschwerde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).

Im Sommer 2016 hat der Münchener Landtag mehrere Regelungen im bayerischen Verfassungsschutzgesetz verschärft. Bundesweit einmalig ist die Erlaubnis, dass auch der Verfassungsschutz die anlasslos gespeicherten Vorratsdaten nutzen darf (Wer hat wann mit wem telefoniert? Wo befand sich wann das Mobiltelefon?). Nicht einmal ein Richtervorbehalt ist vorgesehen. Falls das BVerfG dies akzeptiert, könnten andere Verfassungsschutzämter folgen. Bisher darf nur die Polizei auf die Daten zugreifen.

Die Kläger halten das bayerische Gesetz an diesem Punkt aber für „nichtig“, denn es widerspreche Bundesrecht. Konkret gemeint ist das Telekommunikationsgesetz (TKG), in dem 2015 die Speicherpflicht der Telefon- und Internetfirmen geregelt wurde. Bayern beruft sich zwar darauf, dass dort auch „Gefahrenabwehrbehörden der Länder“ Zugriff auf die Daten gewährt wurde. Doch ist der Verfassungsschutz eine Gefahrenabwehrbehörde? Er könnte nicht einmal jemanden festnehmen. Erst 2013 erklärte Karlsruhe, beim Verfassungsschutz gehe es nicht um operative Gefahrenabwehr, sondern um „politische Information“.

Kläger sind unter anderem der Chirurg Harald Munding, Sprecher der Antifa-Vereinigung VVN/BdA und der Medienforscher Kerem Schamberger von der kommunistischen DKP. Beide Gruppen werden vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet, insofern besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Behörde neue Befugnisse auch gegenüber den Klägern einsetzt.

Die „strategische Klage“ steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Vorratsdatenspeicherung überhaupt kommt. Ende Juni wurde sie von der Bundesnetzagentur ausgesetzt. Mehrere Gerichte hatten bezweifelt, dass die Erfassung des Kommunikationsverhaltens gegen EU-Recht verstößt. Da Fristen abliefen, mussten die Kläger aber schon jetzt gegen das bayerische Gesetz klagen. Christian Rath