Mobilitätsforscher über Schulz-Vorstoß: „Die E-Quote ist eine gute Idee“

SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz fordert eine europaweite Quote für Elektroautos. Experte Stephan Rammler meint, das hilft VW, BMW & Co.

Elektro-Zapfsäule

Hier wird getankt Foto: dpa

taz: Herr Rammler, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat einen Fünfpunkteplan gegen die Diesel-Krise vorgelegt. Kernanliegen ist eine EU-Quote für Elektroautos – gute Idee?

Stephan Rammler: Eine sehr gute. Denn für Europas Autokonzerne wird die Zeit knapp. Nimmt die Bundesregierung ihr Versprechen ernst, dass die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts klimaneutral wird, dürften eigentlich schon ab 2035 keine Verbrenner mehr fahren. Das heißt, etwa ab 2025 dürften sie nicht mehr verkauft werden.

Also lieber ein striktes Verbot als die E-Quote?

Nein. Die E-Quote sorgt für den schnellen Technologiewechsel, ohne den Verbrenner sofort zu entwerten. Dieser Wandel ist nötig. BMW, Mercedes oder VW müssen schon heute um ihren wichtigsten Markt fürchten – China. Die Chinesen wollen den Herstellern ab 2018 eine Absatzquote von 8 Prozent für Elektro- oder Hybridfahrzeuge vorschreiben.

Das sollte die Bundesregierung nachahmen?

Peking hat festgelegt, wie die Quote Jahr für Jahr steigt. Die Hersteller wissen also, worauf sie sich einstellen müssen, wenn sie keine Strafe zahlen wollen. Das ist das Entscheidende. Allerdings reicht es nicht, nur die Industrie zu regulieren, die Bundesregierung muss auch den Verkauf ankurbeln. Sie kann etwa vorgeben, dass alle staatlichen Institutionen nur noch E-Wagen kaufen. Vor allem muss sie für die Ladeinfrastruktur sorgen.

Der Mobilitätsforscher, 49, ist Professor für Transportation Design an der Hochschule für Bildende Künste, Braunschweig. Jüngstes Buch: „Volk ohne Wagen“.

Warum setzt die SPD nur auf eine Technologie? Wäre es nicht besser, strikte Abgasgrenzwerte vorzuschreiben?

Man kann das eine tun ohne das andere zu lassen. Die Quote beschleunigt aber den Wandel in die Richtung der Alternativen. Die Hersteller können es sich dann zum Beispiel kaum noch leisten, ihre Ressourcen für die Optimierung des überholten Verbrenners zu verschwenden.

E-Autos sind nicht unbedingt ökologisch, bei der Herstellung der Batterien wird viel CO2 freigesetzt.

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Schwedische Wissenschaftler haben vorgerechnet, dass ein Fahrzeug mit herkömmlichem Verbrennungsmotor acht Jahre gefahren werden kann, bevor es die Umwelt so stark belastet hat wie die Akku-Produktion für ein Tesla Model S. Es reicht also nicht, die 40 Millionen Diesel und Benziner, die derzeit auf der Straße sind, einfach auszutauschen. Sie müssen dafür sorgen, dass Autos künftig geliehen, geteilt und auch mal stehen gelassen werden.

Gefährdet das E-Auto nicht viele Jobs in Deutschland?

Schon bei der Produktion der E-Autos werden weniger Leute gebraucht als für die der Verbrenner. Das ist aber kein Argument gegen eine kluge Verkehrspolitik. Die Autobranche steht vor einem Umbruch, den die Politik nur mit einer Vorwärts-Strategie sinnvoll begleiten kann. Das ist nicht allein mit der E-Quote getan. Es braucht zudem arbeitsmarkt- und sozialpolitische Programme, die den Wandel abfedern.

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