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Hohe Nachfrage

LEGALISIERUNGCannabis dürfen ÄrztInnen neuerdings Schwerkranken verschreiben. Bei den Kassen gehen viele Anträge ein

Seit 10. März dieses Jahres können MedizinerInnen erstmals hierzulande Cannabis auf Rezept verschreiben. Gesetzlich Krankenversicherte erhalten damit einen Anspruch darauf, dass ihre Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für Medizinalhanf, die Cannabinoide Dronabinol und Nabilon sowie für Extrakte aus Cannabis übernimmt.

Kaum Ablehnungen in Hamburg

Die jeweils erste Verordnung muss von der jeweiligen Krankenkasse genehmigt werden, was diese aber nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen darf. Bei den Kassen in Hamburg und Schleswig-Holstein sind seit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes hunderte Anträge eingegangen. Wie die AOK Rheinland/Hamburg mitteilte, seien insgesamt 259 Anträge gestellt worden, davon 76 in Hamburg, von denen wiederum 58 genehmigt worden seien. Zehn dieser Genehmigungen gingen demnach an KrebspatientInnen.

Die Barmer Ersatzkasse beziffert die Zahl entsprechender Anträge in Hamburg zwar nur auf 34, bundesweit aber seien es 1.400 gewesen. Von den Hamburger Fällen wurden nur drei nicht genehmigt. „Man sieht an der geringen Ablehnungsquote, dass es dort nur verordnet wird, wenn es auch passt“, sagte ein Sprecher der Krankenkasse. Ansonsten liege die Ablehnungsquote bei etwa 70 Prozent.

Bei der Techniker Krankenkasse „sind bis zum 7. Juli 863 Anträge auf Kostenerstattung von Medizinalcannabis eingegangen“, sagte ein Sprecher, der aber keine gesonderte Zahlen für Hamburg nennen konnte.

„Deutlicher Schub“ in Schleswig-Holstein

Nach Cannabis als Medizin fragen vermehrt auch PatientInnen in Schleswig-Holstein. „Wir gehen davon aus, dass derzeit rund 100 Menschen im Land mit Cannabis-Produkten behandelt werden“, sagte der Geschäftsführer der dortigen Apothekerkammer, Frank Jaschkowski. Vor der jüngsten Gesetzesänderung habe es nur vereinzelte Fälle im Land gegeben.

Eine ähnliche Entwicklung hat in den vergangenen Monaten die Barmer Ersatzkasse beobachtet: Von einem „deutlichen Schub an Anträgen“, weiß Sprecher Wolfgang Klink: Bis Ende Juni habe es 51 Anträge gegeben, von denen die Kasse 40 genehmigt habe. Der Verband der Ersatzkassen (VDEK) rechnet mit belastbaren landesweiten Zahlen frühestens nach Quartalsende im Oktober.

Das neue Gesetz soll es Schwerkranken ermöglichen, im Einzelfall Cannabis zu erhalten, etwa bei Multipler Sklerose oder Spastiken. Zuvor müssen andere zugelassene Medikamente erfolglos ausprobiert worden sein. Bis zu der Novelle mussten PatientInnen eigens eine Erlaubnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einholen. (dpa/taz)