Berlinmusik
: Maschine und Pomp

Den Türsteher vom Berghain – oder zumindest dessen Konterfei – kennt alle Welt, aber die Frau, die im Ohm am Einlass steht, keine Sau. Die russische Produzentin Anastasia Vtorova, besser bekannt unter ihrem Alias Machine Woman, will das jetzt ändern.

Auf ihrer vierten EP ist der erste Track – „Camile From OHM Makes Me Feel Loved“ – ebenjener Camille gewidmet, die dort Dienst schiebt und die der in Berlin lebenden Clubgängerin Vtorova offensichtlich ein gutes Gefühl gibt.

Machine Woman ist eine der interessanteren jungen Produzentinnen der Berliner Szene, schon die Vorgänger-EPs und 12-Inches „For Sweden“ und „Genau House“ wurden von den Fachmännern und -frauen der Elektronik hochgelobt. Die drei Stücke, die auf „When Lobster ­Comes Home“ nun zu hören sind, schließen daran an: Man findet elektronische Sounds zwischen Techno, House, Dub und Post-Punk/Industrial, und während die Türsteherinnenhommage noch ein recht konventioneller Tanzflächenstomper ist, wird es im Anschluss sehr verknurpst, verfrickelt und verspielt, ehe das dritte Stück wieder reduzierter und relaxter daherkommt und Kopfnickerqualitäten aufweist. Insgesamt: Nice!

Mit dem Trio FERN, das in wenigen Tagen seine Debüt-EP veröffentlicht, verlassen wir die elektronischen Sphären nicht ganz, aber aus dem Kellerclub geht es in Richtung Rockbühne. Beats und sphärische Synthie-Sounds bilden in den fünf Stücken von FERN zumeist die Grundlage, hier aber klingen nun Midtempo-Songs an, die auch Indie-Fans Freude bereiten dürften.

Die Band um Paul Seidel (der auch bei The Ocean mitwirkt) schafft eine Stimmung wie sie Bands wie Depeche Mode, Nine Inch Nails oder auch Interpol erzeugen, der Sound ist kühl und tief, zugleich klingt er „weit“ und flächig, Räume eröffnend. Die balladesken Stücke gegen Ende („Canyons“, „Farewell“) wirken durch die flächigen Synthies etwas pompös und pathosbehaftet, das Auftaktstück „Minimum“ kommt dagegen schön straight und knackig rüber.

Sollten FERN sich bald auf die volle Albumdistanz begeben, würde man sich mehr von diesen Stücken und auch von schicken Electronica-Spielereien wie im Interlude „Abysmal“ wünschen. Auf alles allzu Getragene könnten sie dagegen auch locker verzichten, zumal es von diesen Indie-Schmerzsongs schon mehr als genug gibt.

Jens Uthoff

Machine Woman: „When Lobster Comes Home“ (Technicolor)

FERN – EP (Fern Musik/Cargo), live: 23. September, Privatclub