Hamburger Szene von Petra Schellen
: Wenn Polizisten zu Propheten werden

So eine Ampel ist ein gefundenes Fressen für jeden Ordnungshüter

Als ich die vier sah, ahnte ich, dass es nicht gut gehen würde. Vier Uniformierte, fast im Gleichschritt die Stresemannstraße hinab marschierend. Vier gleich Gekleidete, einerseits selbstbewusstes Cops, andererseits nach Aufmerksamkeit lechzende Individuen, wie geht das zusammen?

Nun ja, die Polizistin mit Pferdeschwanz hatte es leicht, die stach sowieso heraus. Aber die drei Kollegen? Denen blieb nur, sich über den markanten Ordnungshüter-Gang zu profilieren, und das taten sie: Einer kam gewichtiger und staatstragender daher als der andere.

Fast wie eine Pubertierenden-Gang, dachte ich – aber das waren sie natürlich nicht, sondern unsere hochwohlgeborene Polizei. Und fast hätten sie es auch unfallfrei – also ohne Passanten durch Mäkelei auf den Wecker zu fallen – zur nahen Polizeistation geschafft. Eine Ampel noch, dann wäre man da.

Aber so eine Ampel ist ja ein gefundenes Fressen für jeden Ordnungshüter. Da können Du und Ich leicht einen Fehler machen, und den muss der zufällig anwesende Polizist natürlich unverzüglich ahnden.

Dass das auch geht, bevor man die Straße überhaupt betreten hat, war mir bis zu jenem Morgen neu. Da kamen die vier PolizistInnen an besagter Ampel neben einem Radler zu stehen, der per Handy telefonierte. Wie gesagt: Alle standen, kein Grund zur Besorgnis.

Aber wer keine Sorgen hat, macht sich halt welche. „Falls Sie gleich bei Grün auch noch telefonieren, wäre das einen Strafzettel wert“, bellte einer der Ordnungshüter den Radler an – und zückte auch schon ein Papier.

Der Radler zuckte erschreckt zusammen und steckte brav das Handy weg. Und der Polizist wirkte hochzufrieden, hatte er doch nicht nur dem Radler und den zuschauenden Fußgängern, sondern auch seinen Kollegen mal gezeigt, was eine Harke ist.

Denn das ist ja der eigentliche Job der Polizei: Prävention leisten, man könnte auch sagen: Prophetie. Und wenn das schon bei den G20-Krawallen und beim Barmbeker Messerstecher nicht geklappt hat, dann wenigstens beim Radler nebenan. Ist auch weniger gefährlich.