Druschba heißt Freundschaft

Lobbyismus Wie sehr dient Exkanzler Schröder den Interessen Putins? Die beiden mächtigen Männer sind seit Jahren enge Freunde. Der Einstieg Schröders bei dem russischen Ölversorger Rosneft passt deshalb ins Bild. Und Kritik kümmert den Exkanzler wenig

Putin und Schröder im Jahr 2004, verbunden in lukrativer Freundschaft Foto: Sergei Guneyev/Ria-Novosti/Redux/laif

aus Berlin Ulrich Schulte

Dass Gerhard Schröder eine Freundschaft zu Russlands Präsident Wladimir Putin pflegt, hat er nie verheimlicht. Da war zum Beispiel sein 70. Geburtstag, den er im April 2014 in Sankt Petersburg feierte, mitten in der Ukraine-Krise – der Stargast des Abends war Putin. Schröder begrüßte seinen Duzfreund mit einer herzlichen Umarmung, ein Fotograf schoss ein Foto der Szene.

Danach herrschte Aufruhr in Berlin. Medien und Politik diskutierten seit Monaten die Expansionsgelüste Putins. Und der Exkanzler umarmt den Mann, der wenige Wochen zuvor die Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert hatte? Putin sei „keine Persona non grata“, entgegnete Schröder kühl. Im Übrigen begrüße er ihn so, seitdem er ihn kenne, also seit mehr als 14 Jahren.

Dass Schröder im September wohl einen gut bezahlten Aufsichtsratsposten bei dem russischen Öl- und Gasversorger Rosneft übernimmt, passt also ins Bild. Der neue Job wäre nur eine weitere lukrative Wendung in einer engen Beziehung zweier mächtiger Männer, in der sich politische und private Interessen mischen. Schon früh in seiner Kanzlerschaft brüstete sich Schröder mit seinem guten Draht nach Moskau. Bei Treffen im Juni und September 2000 sprach er etwa von einer „neuen Qualität“ der deutsch-russischen Beziehungen. Brisante Fragen wie Menschenrechte oder der Tschetschenien-Krieg spielten dabei eher keine Rolle. Unvergessen, wie Schröder in einer Talkshow die Frage bejahte, ob Putin ein lupenreiner Demokrat sei. Schröder, für Kritiker ein „Genosse der Bosse“, hatte auch bei seiner Russlandpolitik stets blühende Wirtschaftsbeziehungen im Blick. Und er tat viel, um den Acker persönlich zu düngen.

So kämpfte er zum Beispiel vehement für den Bau einer Erdgaspipeline durch die Ostsee, ein Milliardenprojekt, das russisches Gas nach Deutschland und Westeuropa transportiert. Er nahm dafür sogar diplomatischen Ärger mit Polen und den baltischen Staaten in Kauf, die die Pipeline als Bedrohung wahrnahmen. Das Abkommen unterschrieben die Chefs der deutschen Energiekonzerne Eon und BASF sowie der russischen Gazprom kurz vor dem Ende seiner Kanzlerschaft, im September 2005. Mit dabei war Putin, natürlich, der eigens nach Berlin gereist war.

Nach der Politik­karriere vergoldete Schröder seine Moskau-Connection

Dann begann die Ära Merkel. Und der Sozialdemokrat, der mit der Agenda 2010 Arbeitslosen harte Sanktionen verordnet hatte, vergoldete seine Moskau-Connection. Schröder heuerte gerade mal drei Monate nach seinem Abschied aus der Politik als Chef des Aktionärsausschusses bei der russisch-deutschen Nord Stream AG an. Sie betreibt bis heute jene Pipeline, die er selbst als Kanzler vorangetrieben hatte. Mehrheitseigner war der halbstaatliche russische Gaskonzern Gazprom. Eingefädelt hatte das sein Freund Putin. Jener, schrieb Schröder später in einer Autobiografie, habe ihn wegen der „europäischen Bedeutung des Projekts“ überzeugt, den Posten zu übernehmen.

Nun passiert es öfter, dass Politiker in die Wirtschaft wechseln. Doch einen so prominenten Fall mit so offenkundigen Interessenkonflikten hatte es noch nie gegeben. Ein Aufschrei folgte, in Deutschland, aber auch in anderen Ländern. Schröder focht das nicht an, er baute seine Karriere bei Unternehmen, die unter dem Einfluss des Kreml stehen, munter aus. 2016 wurde bekannt, dass er Verwaltungsratschef von Nord Stream 2 geworden war. Die Gazprom-Tochter will eine weitere Pipeline bauen.

Und nun also Rosneft, ein Großkonzern, der eng mit Putins Machtsystem verbandelt ist. Auf die laute Kritik reagiert Schröder in gewohnter Manier, nämlich kaltschnäuzig. Er glaube nicht, dass er der SPD mit dem Mandat schade, sagte er der Schweizer Zeitung Blick am Donnerstag. „Ich werde mich zur Wahl stellen, trotz aller Kritik, die ich für falsch halte.“ Sein Freund Putin wird dafür sorgen, dass dabei nichts schiefgeht.