Kommentar
von Anna Lehmann
: Dämliche Defensive

Die mecklenburgische Ministerpräsidentin Manu­ela Schwesig schickt ihr Kind auf eine Privatschule. Neiiiin!!!! Die Schwesig, die auch bei den Sozialdemokraten ist, den Apologeten der staatlichen! Gesamtschule. Und dann Pri­vatschule – so was von verlogen!

Wobei: Es soll ja auch Grüne geben, die Auto fahren, und Linke, die Millionäre sind. Und wenn man sich mal ein bisschen umschaut, ist Schwesig nicht die erste Politikerin, die für die Schulen ihres Landes verantwortlich ist und ihnen gleichzeitig misstraut. Als sie bayerische Kultusministerin war, schickte Strauß-Tochter Monika Hohlmeier (CSU) ihre Kinder auf eine Waldorfschule, ebenso wie Berlins ehemals Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU).

Schwesig wegen ihrer Schulwahl an den Pranger zu stellen ist billig. Wofür man sie kritisieren muss, ist ihre verschwiemelte Verteidigung: der Schulweg sei ausschlaggebend gewesen. Geht’s noch dämlicher?

Zwar stimmt, dass seit 1992 in Mecklenburg-Vorpommern mehr als jede zweite Oberschule geschlossen wurde. Das spüren vor allem die Schüler auf dem Land, die stundenlang im Schulbus sitzen. Schwesig wohnt jedoch in Schwerin, bis zur nächsten öffentlichen Schule wäre es nur einige hundert Meter weiter gewesen.

Warum geht sie also in Deckung, statt offensiv zu sagen: Ja, wir stecken zu wenig Geld in unsere staatlichen Schulen. Als Mutter bevorzuge ich daher eine private Schule, an der es bilingualen Unterricht und Schulsegeln gibt. Als Politikerin will ich aber, dass Kinder an den staatlichen Schulen die gleichen Chancen haben. Und deshalb wollen wir als SPD richtig viel in Bildung investieren und vor allem dafür sorgen, dass dieses unsinnige Kooperationsverbot wegfällt, damit der Bund die Länder unterstützen darf. An dieser Stelle könnte sie dann selbstbewusst mit dem Wahlprogramm der SPD wedeln.

Aber nein. Wieder lässt sich die SPD die Gelegenheit entgehen, ihr Leib-und Magenthema Bildung zu vermarkten.

Erst untersagte Hannelore Kraft dem Kanzlerkandidaten Schulz, über Bildung zu reden, weil es bei ihr in NRW nicht so lief. Und Monate später schafft es Schulz im Wahlduell mit der Kanzlerin wieder nicht, das Thema zu setzen. Wenn die ­So­zial­demokraten weiterhin so verdruckst sind, können sie ihre Bildungsoffensive archivieren.