Neue Rechte stellt Magazin vor: Wie einst in Rom

Die Neue Rechte hat ein neues Magazin: „Cato“. Die Macher treten damit in Konkurrenz zu „Sezession“, einem anderen rechten Magazin.

Einn Mann, Andreas Lombard

Andreas Lombard ist Chefredakteur des Magazins „Cato“ Foto: Cato

Am Freitag liegt sie in den Zeitungsregalen: die neue Hoffnung der Neuen Rechten. Sie hat 100 Seiten und ist im Din-A-4-Format: Cato, das „Magazin für neue Sachlichkeit“.

Drei Tage zuvor in der Bibliothek des Konservatismus in der Berliner Fasanenstraße: Chefredakteur Andreas Lombard und Chefinspirator Karlheinz Weißmann stellen das Magazin vor, das sich dem „Bewährten“ widme und „das Wirkliche gegen seine ideologische Verzehrung“ verteidige.

Im ersten Stock sind bei der Präsentation an diesem Dienstagvormittag viele der Plätze frei. Ein schlechtes Omen für das Magazin mit einer Startauflage von 50.000 Exemplaren? Zurückhaltend optimistisch gibt sich Lombard, der zuvor Leiter bei der Manuscriptum Verlagsbuchhandlung war. Bis 2018 hofft er, 10.000 Abonnenten gewonnen zu haben.

Vor zehn Jahren erhielt Lombard den Gerhard-Löwenthal-Preis, den die Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (die auch Trägerin der Bibliothek ist) gemeinsam mit der Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) vergibt. Der Chefredakteur ebenjener neu-rechten Wochenzeitung, Dieter Stein, eröffnet die Vorstellung von Cato. Hier in den Räumen hätte Weißmann die Idee zu dem Magazin schon vor Längerem aufgeworfen, erzählt Stein und erklärt, dass die JF beim Vertrieb unterstützend tätig sei. Das alte Netzwerk der Neuen Rechten steht.

Stein selbst verweist auf das frühere Magazin Criticón, das eine Gegenstimme zur 68er-Bewegung und dem vermeintlichen Linksruck der Kirchen bildete. Das Theorieorgan der Neuen Rechten war weltanschaulich prägend für einen Teil der heutigen AfD. Einer der damaligen Autoren: der aktuelle Spitzenkandidat der AfD, Alexander Gauland. Ein weiterer: Karlheinz Weißmann.

Kritik an der evangelischen Kirche

Criticón ist vor zehn Jahren eingestellt worden. Den Grund benennt Weißmann: In Zeiten der Selbstzufriedenheit wäre der Bedarf für „konservative“ Blätter gering gewesen, sagt der Historiker und Gymnasiallehrer. Cato scheint nun da weitermachen zu wollen, wo Criticón scheiterte. Die Krisen der Welt und Sorgen in Deutschland hätten längst das Interesse an „weltanschaulichen Fragen“ wieder gestärkt, sagt Weißmann. Die Sinnsuche würde neu beginnen. In der Ausgabe, in der nur Männer schrieben, findet sich aber nichts Neues – kein neuer Spin, kein eloquenter Esprit.

Ein „Kampfblatt“ wollen sie nicht sein, aber in der Meinungslandschaft eine „alternative Meinung“ abbilden.

So wird in der Erstausgabe von Cato der Evangelischen Kirche Deutschlands vorgehalten, in „lauter moralpolitischem Gerede und gendergerechter Sprache“ von Luthers „evangelischer Verkündung“ nichts mehr wissen zu wollen.

Den „Verlust zahlreicher Standards bürgerlichen Lebens“ und die „grenzenlose Toleranz“ bestimme die Lage, schreibt Lombard im Editorial und beklagt, „Zensur und Propaganda“ sollten die „aufkommende Unruhe im Keim ersticken“. Dieser larmoyante Sound wider des Liberalismus rauscht durch die Seiten. Unter „Catos Tragik“ erzählt David Engels nicht bloß die Geschichte des Namensgeber des Magazins, der – um integer zu bleiben – nach Cesars Machtübernahme den Freitod wählte. Er erzählt auch, dass die römische Republik wegen Dekadenz und Multikulturalität unterging, um – wie in diesem Milieu schon lange üblich – den Vergleich zu Heute zu ziehen: „Wie im spätrepublikanischen Rom“ hätten „Wertewandel“, „Individualismus“, „Familienzerfall“, „Masseneinwanderung“ und „Ultraliberalismus“ die „herkömmlichen Gesellschafts- und Staatsmodelle“ verheerend hinterfragt.

Zitate von Hannah Ahrendt und Karl Kraus

Eine mögliche Rettung möchte Pierre Manent auch mit Rückgriff auf Rom vorschlagen: eine führende Elite der Tüchtigen und Tugendhaften. Massen versus Elite. Keine Überraschung, dass auf den antidemokratischen und eugenischen Klassiker aus dem Spektrum der Konservativen Revolution „Die Herrschaft der Minderwertigen“ von Edgar Julius Jung prominent verwiesen wird. Diese geistigen Ahnen der Neuen Rechten flirren durch die Seiten. Zitate von Hannah Ahrendt und Karl Kraus als eigene kurze Storys täuschen nicht über den Charakter hinweg.

Weißmann schreibt in der Ausgabe allerdings aus seiner Liberalismus- und Dekadenzkritik heraus, dass „die Eliten der westlichen Gesellschaft“ zunehmend die „Normalität des Lebens“ ignorieren würden, die „Interessen der sprachlosen Mehrheit“ müssten einer „organischen Intelligenz“ Ausdruck und Gehör verschaffen. Denn „es genüge nicht, in der Wahlkabine sein Kreuz an entlegener Stelle zu machen“, sondern Gegenvorstellungen und -begriffe müssten vermittelt werden.

Wie gesagt: Nichts Neues in dieser Ausgabe. Ein „Kampfblatt“ wollten sie nicht sein, sagt Lombard, aber in der „homogenen Meinungslandschaft“ eine „alternative Meinung“ abbilden.

Mit dieser „alternativen Meinung“ tritt Weißmann in Konkurrenz zu Sezession, das sein früherer enger Mitstreiter Götz Kubitschek mitverantwortet. Von ihm hält Weißmann schon länger nicht mehr viel: „Kubitschek ist eigentlich kein politischer Kopf“, sagte er in der JF. „Da verwechselt jemand Literatur mit Staatslehre und Ästhetik mit Politik.“ Cato wolle indes eine „klare Orientierung“ liefern. Doch ob dafür zwischen Cicero, Tichys Einblick und Tumult noch eine Leserschaft zu finden ist?

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