SPD bei 21 Prozent

Umfragen Den Sozialdemokarten droht ein Desaster, die AfD liegt bei zweistelligen Werten

BERLIN taz | „Hoffen heißt, vom Leben falsche Vorstellungen zu haben.“ Mit diesem Gottfried-Benn-Zitat kommentierte Die Welt am Freitag leicht hämisch die aktuellen Umfragewerte für die SPD. Zwei Wochen vor der Bundestagswahl stehen die Sozialdemokraten auf ihrem niedrigsten Umfragewert seit Januar. Nur noch 21 Prozent würden laut infratest dimap SPD wählen, wenn schon am Sonntag gewählt würde. Das sind zwei Prozent weniger als noch eine Woche zuvor.

Würden die Wahlen tatsächlich so ausgehen, hätte die SPD ihr schlechtestes Ergebnis der Nachkriegsgeschichte eingefahren. 2013 hatte die SPD 25,7 Prozent erzielt, 2009 23,0 Prozent. Auch die anderen Forschungsinstitute kommen auf ähnlich schlechte Werte für die Sozialdemokraten: Die Forschungsgruppe Wahlen notiert 22 Prozent, Allensbach führt die SPD immerhin noch mit 24 Prozent. Noch Mitte April, nach den Landtagswahlen im Saarland, hatte infratest dimap 31 Prozent für die SPD notiert.

Während den Sozialdemokraten am 24. September ein Desaster droht, könnte die AfD ein zweistelliges Ergebnis einfahren. Infratest dimap prognostiziert 11 Prozent für die Partei. Die übrigen Institute sehen die AfD zwischen 8 und 10,5 Prozent.

Bleibt es bei den Prognosen, kommen nur eine erneute große Koalition oder Jamaika für die Regierungsbildung in Frage. Die Union liegt laut infratest dimap bei 37 Prozent, die Grünen bei 8, die FDP bei 9 und die Linkspartei bei 10 Prozent. Die sonstigen Parteien erhalten 4 Prozent. Eine rot-rot-grüne Koalition ist außer Reichweite: „Wenn man sich die Umfragen anguckt, kann man jetzt nicht ernsthaft noch sagen, wir sehen gute Chancen für Rot-Rot-Grün“, sagte Linkspartei-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht.

Erstaunlich ist, dass die Bewertung von SPD-Spitzenpolitikern deutlich besser ausfällt als die der Partei: Mit der Arbeit von SPD-Außenminister Sigmar Gabriel sind 66 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden (plus 3 Prozentpunkte), mit der Arbeit von Kanzlerkandidat Martin Schulz 39 Prozent – immerhin ein Plus von 6 Prozentpunkten. Kanzlerin Angela Merkel kommt auf 63 Prozent (plus 4 Prozentpunkte). Insgesamt hat das TV-Duell zwischen Merkel und Schulz die Hoffnungen der SPD aber nicht erfüllt. „Wir werden eine Veränderung in den Umfragen bekommen“, hatte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann vor dem Duell prophezeit. Die ist eingetreten: Für die SPD geht es weiter nach unten.

MARTIN REEH