Die Schattenseiten der EU-Mittelmeermission „Sophia“

Libyen Ausbildung der libyschen Küstenwache ist „hochproblematisch“, sagen die Grünen

BERLIN taz | Die EU strebt weiter an, ihre Militärmission Operation „Sophia“ in libyschen Gewässern einzusetzen. Das geht aus der Antwort des Auswärtigen Amts auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervor, die der taz vorliegt. Wann dies möglich sein wird, sei allerdings nicht absehbar. Die Anti-Schlepper-Mission ist seit 2015 im Mittelmeer vor Libyen im Einsatz. Auch ein Kriegsschiff der Bundeswehr ist beteiligt.

Eine Aufgabe der Mission ist die Ausbildung libyscher Grenzschützer. Am ersten Ausbildungsgang nahmen 93 Libyer teil, derzeit werden 43 Männer ausgebildet. Die Bundesregierung erfährt, so heißt es in der Antwort, nicht, ob, wo und wie die ausgebildeten Küstenwächtern danach eingesetzt werden. Vor kurzem wurde bekannt, dass die libysche Küstenwache in diesem Jahr über 10.000 Menschen in Seenot aufgriffen und an Land zurückgebracht hat, wo sie interniert und teils brutal misshandelt werden.

Die Schiffe der Operation „Sophia“ selbst sollen auch in Zukunft gerettete Migranten nach Italien und nicht nach Libyen bringen, so das Auswärtige Amt. Auch künftig solle aber Seenotrettung nicht explizit als Aufgabe der Operation festgeschrieben werden. Die völkerrechtliche Verpflichtung zur Seenotrettung gelte ohnehin, heißt es.

Bislang hat die Mission, so die Antwort, 112 Schlepperverdächtige identifiziert und den italienischen Behörden übergeben – nicht viel für einen aufwendigen Einsatz, zumal es sich bei den Verdächtigen meist um Schiffbrüchige handelt.

„Die Bundesregierung ignoriert bei ihrer Flüchtlingspolitik im Mittelmeer auf zynische Weise den Schutz der Menschenrechte“, sagt der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. „Es ist ein großer Fehler, dass die Ausbildung der libyschen Küstenwache weiterläuft, als ob nichts geschehen sei.“ Die Bundesregierung müsse diese „hochproblematische Komponente des Einsatzes und die unwirksame militärische Schlepperbekämpfung sofort beenden“, sagt die Grüne Agniezska Brugger. Sie fordert eine „umfassende europäische Seenotrettungsmission.“ Christian Jakob