Neue Lehrer, neue Freunde

Leistung Wie ist es für Kinder, die Schule wechseln zu müssen? Drei erzählen

Protokolle Viktoria Morasch

„Eine Vier ist auch nur eine Note“

Mein erster Schultag auf dem Gymnasium war cool. Ich war auch gar nicht so aufgeregt. Aber ich hab mich schon gefragt, ob die Lehrer nett sind. Wir wurden aufgerufen, und dann ging’s in die Klassenzimmer. Dann haben wir den Stundenplan aufgeschrieben und Kennenlernspiele gemacht und uns die Schule angeguckt. Vier Kinder, die in meine Klasse gehen, kannte ich schon.

Ich denke, es wird schon ein bisschen anders jetzt. Man muss sich jetzt jeden Tag die Hefte durchlesen, falls man abgefragt wird oder eine Probe kommt. Man muss im Unterricht besser aufpassen. Ich bin auch ein bisschen traurig, dass ich meine Freundinnen aus der Grundschule nicht mehr so oft sehen werde, aber man sieht sich vielleicht bei Geburtstagen. Ich finde es schon lustig, dass mal was Neues kommt. Jetzt haben wir auch mal Lehrer und nicht immer nur Lehrerinnen.

In der Grundschule haben wir nicht wirklich darüber gesprochen, wer auf welche Schule gehen wird, weil manche Kinder mögen das vielleicht nicht, wenn andere sagen: Ich gehe aufs Gymnasium, ich gehe aufs Gymnasium! Und die denken: Hm, ich gehe auf die Mittelschule. Die Lehrer haben uns erklärt, was die verschiedenen Schulformen sind. Aber eigentlich haben wir nur einmal einen Zettel gekriegt, wo alles draufstand. Meine Eltern haben dann auf die Noten geschaut und gedacht, dass das Gymnasium am besten ist.

Wenn man mal eine nicht so gute Note hat, ist das nicht schlimm. Man kann sich ja verbessern. Vor dem Übertrittszeugnis hatten wir schon sehr viele Proben. Die Zeit war ein bisschen stressig. Manchmal hat da jemand geweint, wenn er eine Fünf hatte. Was ich nicht verstehen konnte, ist, wenn jemand geweint hat, weil er eine Vier hatte. Das ist auch nur eine Note, und Vier ist ja, glaube ich, noch ausreichend. Da sollte man sich nicht so einen Kopf machen.

Niah, 10, geht in die 5. Klasse eines ­Gymnasiums in München.

„Ich hab’s halt nicht geschafft“

Ich bin ein bisschen traurig darüber, dass die Grundschule jetzt vorbei ist, weil ich mein Ziel nicht erreicht habe. Ich wollte eigentlich auf die Realschule gehen. Ich hatte in allen Hauptfächern eine Drei. Es war ganz knapp, aber ich hab’s halt nicht geschafft. Ich habe ein gutes Gewissen, weil ich weiß, ich habe alles versucht. Ich habe auch diesen Aufnahmetest gemacht. Wenn du den bestehst, kannst du vielleicht doch noch auf die Realschule kommen. Ich habe ihn leider nicht bestanden. Aber wenn ich mehr lerne und mir ganz viel Mühe gebe, kann ich, wenn ich in die sechste Klasse komme, vielleicht noch auf eine Realschule wechseln. Die Lehrer haben nicht viel Druck gemacht, sie haben nur gesagt, dass du sehr viel lernen solltest, wenn du irgendwohin willst, wenn du eine sehr gute Schule besuchen und etwas Tolles erreichen willst. Mehr haben die nicht gesagt.

Als ich das Halbjahreszeugnis bekommen habe, hat meine Mama gesehen, dass ich in den Hauptfächern Dreier habe, und hat gesagt, dass ich mehr lernen muss. Aber ich war faul und hab es nicht gemacht. Deswegen habe ich es auch nicht geschafft. Ich habe zu spät gemerkt, dass ich mehr lernen muss.

Ich freue mich, dass was Neues losgeht. Ich freu mich auf neue Fächer wie Biologie. Mein Lieblingsfach bisher war Heimat- und Sachkunde, da haben wir alle Bären kennengelernt, und wir haben die Stadt München durchgenommen, das fand ich auch interessant. Ob ich meine Freundin, die aufs Gymnasium geht, noch sehen werde, weiß ich, ehrlich gesagt, nicht. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt noch Zeit hat, weil auf dem Gymnasium muss man ganz viel lernen. Die nehmen den Stoff dort viel schneller durch. Meine Freundin, die auf die Realschule geht, treffe ich bestimmt öfter, weil unsere Mütter befreundet sind.

In der vierten Klasse war ich eine von den Großen, jetzt auf der Mittelschule werden die Zehntklässler sagen: Was’n das für ’ne Mücke? Das finde ich doof. Aber man kann sich ja immer hocharbeiten. Wenn ich groß bin, will ich Schaufensterdekorateurin werden, mir macht Dekorieren Spaß, und man muss ja auch die Puppen anziehen. Wir haben den Fotografen Peter Lindbergh durchgenommen, und der war ja auch erst mal Schaufensterdekorateur.

Mia, 10, geht in die 5. Klasse einer Mittelschule in München.

„Ich will Medizin studieren“

Meine Schule ist wie eine normale Schule, aber das Training ist in den Schultag eingebaut, damit man es schaffen kann. Ich trainiere Wasserspringen. Um 15 Uhr ist meistens Schulschluss. Dann ist bis 18 Uhr Training. Ich bin nach der vierten Klasse von der Grundschule runter aufs Leistungssportzentrum.

Davor war ich auf einer total anderen Schule, einer freien Schule ohne Noten und so. Wir haben die Lehrer geduzt, und man konnte da die Kurse selbst auswählen. Wenn man auf eine neue Schule geht, ist das schon aufregend.

Aber die Schule fällt mir eigentlich leicht. Ob man gute Noten schreibt, kommt auch darauf an, ob man mitmachen will. Man sollte besser keine Vier auf dem Zeugnis stehen haben, finde ich. Eine Drei geht, hab ich aber auch nicht. Man braucht relativ gute Noten, wenn man einen guten Job haben will.

Später will ich Medizin studieren neben dem Training. Studieren geht, das machen viele. Meine Freunde haben eigentlich auch gute Noten. Wir helfen uns auch, so geht es mit Schule und Training ganz gut.

Wenn man Nachhilfe braucht, kann man nicht auf meine Schule gehen, weil dafür ist neben dem Training keine Zeit.

In der Woche hab ich wenig freie Zeit. Da ist es schon ziemlich anstrengend. Einmal die Woche habe ich nach dem Training Klavier. Das ist mir wichtig. Dafür gehe ich eine Viertelstunde früher vom Training weg, das ist eine Ausnahme. Und ich gehe auch zum Jugendrotkreuz.

Es gibt immer mal schlechte Tage, an denen man keinen Bock hat, aber danach ist es wieder schön.

Marielou, 11, geht in die 6. Klasse des Schul- und Leistungssportzentrums Berlin.