OFF-KINO

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Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Totalitäre Regime haben in der Regel die Tendenz, sowohl ihre Politpropaganda in alle Medien zu übertragen als auch das Volk mit seichter Unterhaltung möglichst gut einzulullen. Das war auch in der Zeit des italienischen Faschismus nicht anders, als vor allem verlogene Historiendramen und Salonkomödien die Leinwände beherrschten. Als Reaktion erwuchs mit dem Neorealismus ein inhaltliches und ästhetisches Konzept, das – mit Laiendarstellen, alltäglichen Geschichten einer offenen Kadrage des Bildes – versuchte, die Anbindung an das wahre Leben nicht zu verlieren.

Auch wenn man das in Luchino Viscontis „Ossessione“ (1943), einem der ersten neorealistischen Filme, inhaltlich vielleicht noch nicht auf den ersten Blick bemerkt, da es sich um eine Verfilmung von James M. Cains schwarzem Krimi „The Postman Always Rings Twice“ handelt. 17 Jahre später setzte Visconti mit „Rocco und seine Brüder“, seinem bitteren Melodram über den Zerfall einer Familie, die aus ihrer süditalienischen Heimat in den industrialisierten Norden kommt, wo die alten Familienwerte nicht mehr zählen, auch den Schlusspunkt unter den Neorealismus. Jenem Stil widmet das Babylon Mitte gerade eine Filmreihe mit den wichtigsten Werken von Visconti, DeSica und Rossellini (Ossessione, OmU, 28. 9., 21.30 Uhr, Rocco e i suoi fratelli, Om engl. U, 30. 9., 22.15 Uhr, Babylon Mitte).

Ein ungewöhnlicher Stummfilm entstand 1923 in den USA unter künstlerischer Federführung der exzentrischen russischen Schauspielerin Alla Nazimova: Die Verfilmung von Oscar Wildes „Salome“ entstand 1923 unter der Regie von Charles Bryant und überzeugt heute vor allem mit ihren Jugendstildekorationen und -kostümen, die von der ebenfalls recht exaltierten Designerin Natacha Rambova ganz im Stile des britischen Zeichners Aubrey Beardsley gehalten wurden. Peter Pichler begleitet den Film musikalisch am Trautonium (30. 9., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Rund acht Jahre Arbeit haben Isao Takahata, der Mitbegründer des Studio Ghibli, und seine Mitarbeiter in die Produktion des Animationsfilms „Die Legende der Prinzessin Kaguya“ investiert, der ganz im Stil hauchfeiner japanischer Tuschzeichnungen gehaltenen Adaption eines legendären Märchens aus dem Mittelalter. Dabei erweisen sich die Erlebnisse einer als Däumling auf der Erde gefundenen Mondprinzessin schnell als ein für Takahata typisches moralisches Gleichnis über die Bedeutung immaterieller Werte in einer Welt, die nur Gold und Geld anzubeten scheint (29. 9., 16 Uhr, 30. 9., 14.30 Uhr, 1. 10., 13 Uhr, Sputnik).