Kommentar LGBTI und AfD: Homo-Projektionen

Alice Weidel hält die AfD für die einzige Schutzmacht der Angehörigen sexueller Minderheiten. Das ist mehr als abenteuerlich.

Alexander Gauland und Alice Weidel applaudieren

Kann man da klatschen? Alice Weidel meint, die AfD schütze Schwule und Lesben Foto: dpa

Es ist ungefähr die lächerlichste Behauptung, die die AfD in diesem Wahlkampf lanciert: dass sie „die einzige echte Schutzmacht für Schwule und Lesben in Deutschland“ sei. Das sagt Spitzenkandidatin Alice Weidel, und sie sollte sich auskennen, denn sie ist eine unversteckt lesbische Frau – und jener, der sie diese Abenteuerlichkeit sagen lässt, ist der Publizist David Berger, sowohl bekennendes CDU-Mitglied wie auch AfD-Wähler.

Tatsächlich meinen beide damit, dass die AfD die sie wählende Gunst weiblicher wie männlicher Homosexueller verdiene, weil sie als einzige Partei auf die Gefahr durch sogenannte muslimische Gangs hinweise und sie beseitigen möchte. Die politische Forderung kollidiert allerdings mit den Realitäten der Bundesrepublik: Keine Statistik belegt, dass die böse gesinnten Thesen Weidels wie Bergers zutreffen.

Es gibt im bundesdeutschen Alltag hässliche Szenen gegen offene Lesben und Schwule und Trans*menschen. Und sehr oft von migrantischen Jugendlichen gegen alles, was sie für weich und schwächlich halten. Unwahr ist jedoch, dass es ein exklusiv muslimisch grundiertes Mobbing gegen Homosexuelle gibt.

Worüber von Weidel nichts zu hören ist: Die AfD will in Schulen alles getilgt sehen, das der Aufklärung über und mit Homosexuelle(n) dient. Genderwahn heißt es dann. Die AfD ist es, die den hasserfüllten Skeptizismus gegen alles schürt, was nicht die völkisch-heterosexuelle, bevölkerungspolitisch orientierte Norm erfüllt.

Wie können sie nur als Schwule und Lesben!

Jedoch: Ein Staunen darüber, dass Menschen wie Alice Weidel und David Berger für die AfD kämpfen – Motto: Wie können sie nur als Schwule und Lesben! –, verfehlt den Gedanken, dass Angehörige sexueller Minderheiten, und lebten sie ihre Homosexualität auch noch so unverhüllt, ebenso reaktionär, lügnerisch oder rechtspopulistisch sein können. Es steht ihnen sogar zu, ob es einem behagt oder nicht.

Dass die AfD mit derartigen Thesen überhaupt Wahlkampf machen kann, hat andererseits auch damit zu tun, dass linke und libertäre Kräfte in der Bundesrepublik es vielfach versäumt haben, Ängste von LGBTI ernst zu nehmen – besonders jene vor homophob agilen Menschen, die aus Ländern stammen, in denen Schwule mit dem Tod bedroht werden.

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

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