Porträt des Elektroniklabels Janus: Wie Magie entsteht

Dancefloor abseits vom Mainstream: Die unprätentiöse Elektronikplattform und Partyreihe Janus Berlin feiert ihr fünfjähriges Jubiläum.

Ausschnitt eines Künstlerplakats

Extrem vielseitiger Künstler: Lotic Foto: Janus

Ganz egal, für welchen der zahlreichen Berliner Clubs man sich an einem Ausgehtag entscheidet – fast alle locken die Gäste mit elektronischer Musik. Unterschiedlichste Spielarten von Techno, House und Bassmusik haben sich zu diversen Subgenres ausdifferenziert, für die es inzwischen kaum noch Adjektive gibt.

In einer Zeit, in der elektronische Musik nahezu jede Dancefloor-Party dominiert, ist es schwer, Trademark-Sounds zu schaffen, die sich vom Mainstream abheben und über die fast schon standardisierte Four-to-the-floor-Bass­drum-Do­minanz hinausreichen.

Abweichend von dieser Klang­norm bricht das Berliner Label Janus auch mit üblichen Vermarktungsstrategien von elektronischer Clubkultur. 2012 zunächst als Partyreihe gegründet, hat Janus sich zu einem respektablen Label etabliert, dass gleichsam als Netzwerk für experimentelle Sounds abseits von populären Genres steht.

Kontinuierlich gewachsen

Janus funktioniert nicht zuletzt, weil es als Projekt kontinuierlich gewachsen ist und auf sozialen Beziehungen basiert. „Es war nie meine Intention, ein Label zu starten. Es entstand, da viele Künstler, die ich für die Party gebucht habe, keine Plattform für Veröffentlichungen hatten“, erklärt der 30-jährige Labelmanager Dan DeNorch, der eigentlich aus New York stammt.

So sei aus Kollaborationen für die Party nach und nach die Grundlage für das Label entstanden. „Alle Künstler kenne ich persönlich, ich mag sie und ihre Musik. Es ist meine Community.“Zu Janus gehören Künstler, wie M.E.S.H., KABLAM, Lotic, Total Freedom und Why Be. „Alle klingen unterschiedlich, aber sie vereint visionäre Ideen und ein endloser Strom an Sound“, erklärt De Norch. Als „radical sound“ bezeichnet er den Janus-Stil.

J. Whipple alias M.E.S.H

„Radical Sound ist unvorhersehbare Qualität, der sich an Hier­archien reibt“

Mit einem Mix aus Rap, Jersey-House, Bass, Ghetto-Tech und gelegentlichen Pop-Einsprengseln gehört etwa J’Kerian Morgan alias Lotic zu einer Generation, die durch ihre genreübergreifende Diversität die Clubszene immer wieder aufmischt. Auch auf Festivals wie „Hyperreality“ in Wien hat er das Publikum bereits begeistern können.

Radical Sound

„Radical Sound bedeutet für mich die unvorhersehbare Qualität von Künstlern. Ihr Sound reibt sich an willkürlichen Standards und Hierarchien der Musik“, beschreibt James Whipple, alias M.E.S.H. den Ansatz von Janus. Das spiegelt sich auch in den Produktionen wider, die meist ruhiger und länger sind, schon fast wie ein Experimentierfeld abseits von energetischen DJ-Sets für die Clubs wirken.

Letztendlich war das auch der Impuls für DeNorch, seine Partyreihe zum Label zu erweitern. „Durch kurze Livesets werden Künstler zu wenig repräsentiert – ich wollte ihre Vielseitigkeit durch Veröffentlichungen untermauern“, sagt der Labelchef. So wie die neue Veröffentlichung von WhyBe, die sich mit seinen ruhigen Ambientklängen vom fordernden Bling-Bling der Clubmusik abhebt.

5 Jahre Janus: 22. September Berghain Berlin mit ua. Babyfather

janusberlin.com

Es erfordert Ausdauer, in Berlin ein funktionierendes Label zu betreiben. Die elektronische Musikszene ist schnelllebig, neue Entwicklungen münden immer in Kommerzialisierung und Vereinnahmung vormals subversiver Ansätze. Und dennoch scheint Janus sich stetig weiterzuentwickeln. DeNorch sieht die Rolle des Labels pragmatisch: „So lange es Differenz gibt, entsteht auch Neues.“

Dem steigenden Druck zwischen künstlerischer Selbstentwicklung und Marktmechanismen könne man nur durch Netzwerke und Veranstaltungen, die „beständig und gleichzeitig unabhängig sind“, begegnen, sagt Whipple. Insbesondere brauche es dafür Orte, „an denen ein hoher Grad an künstlerischer Freiheit möglich ist, wo Menschen sich nicht ausgebeutet fühlen“.

Keine Expansionsbestrebungen, kein Businessplan, kein Majorlabel-Selbstbewusstsein. Das Label Janus ist vor allem Unterstützernetzwerk – von Freunden für Freunde.

So unprätentiös die Grundpfeiler des Erfolgs scheinen, so bescheiden sind auch die Zukunftswünsche. Als Zugpferd des fünfjährigen Labelgeburtstags am Freitag wurde der Londoner Babyfather verpflichtet. Ansonsten sieht es DeNorch als Erfolg, sollten in fünf Jahren noch immer Janus-Partys in Berlin stattfinden. „That is where the magic happens.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.