Simone Schmollack über die Idee eines neuen Ost-Soli
: Nicht noch eine Neid-Debatte

Brauchen wir einen neuen Soli? Einen, der den Osten auch nach dem Ende des Solidarpakts 2019 weiterpäppelt? Unbedingt, findet die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke. Auch Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin im ostdeutschen Mecklenburg-Vorpommern, meint, dass es eine „besondere Förderung für strukturschwache Regionen“ geben müsse.

Die beiden Politikerinnen meinen es gut mit dem Osten: Hinter ihrer Idee steckt die Absicht, den Osten ökonomisch endlich aufschließen zu lassen. Sie haben ja auch recht: Die Wirtschaftskraft im Osten ist nach wie vor geringer als im Westen, Ostrentner_innen bekommen weniger Ruhegeld als Westrentner_innen, Ostdeutsche verdienen durchschnittlich nicht so gut wie Westdeutsche. Aber ist ein zeitlich verlängerter Soli das richtige Mittel, diese Lücke zu schließen?

Nicht wirklich. Ein neuer Soli ist lediglich der Versuch einer kollektiven Entschädigung des Ostens. Die wirtschaftliche Schieflage aber ist das eine, da kann man auch auf andere Weise gegensteuern. Heute dürfen aber auch die abgehängten Regionen im Westen nicht vergessen werden. Sonst entsteht – entgegen allen guten Absichten – eine neue Ost-West-Neid-Debatte, allerdings anders herum.

Was der Osten vor allem braucht, ist eine ideelle Anerkennung: für die zum Teil erheblichen Transforma­tionsleistungen der Ostdeutschen nach der Wende, für ihre Hartnäckigkeit, ins neue System zu wachsen. Dafür, dass viele trotz gebrochener Biografien und Pleiten aller Art unbeirrt ihre Lebensentwürfe modellieren. Und, ja, auch dafür, dass sie ihren Optimismus nicht verloren haben. Auch wenn sich das nach der Bundestagswahl gerade ein wenig anders darstellt.

Die meisten Ostdeutschen wollen nicht auf schnöde Weise gepampert werden, auch kein plumpes Lob: Habt ihr toll gemacht, auferstanden aus Ruinen. Sie wünschen sich einen „Umgang auf Augenhöhe“. Politisch, wirtschaftlich, kulturell.

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