Jeder Schuss ein Bild

Die Ausstellung „Form“ von Michael Schmid im Projektraum FAQ ist dezidiert fotografisch gemeint, zeigt jedoch keine einzige klassische Fotografie

Von Hannah Wolf

Seit knapp einem Jahr betreibt der Bremer Medienkünstler Julian Öffler im Güterbahnhof den Projektraum FAQ. Er war 2014 Gewinner des Bremer Videokunst-Förderpreises und ist ab 2018 Stipendiat des Hannoveraner Kunstvereins. Seine Arbeiten untersuchen die Bedingungen, unter denen zeitgenössische Kunst produziert werden kann.

Mit seinem Raum wollte Öffler sowohl eine Plattform für Absolventen der Bremer Hochschule für Künste (HfK) schaffen als auch junge, international relevante Videokunst nach Bremen bringen. „Davon gibt es hier vielleicht 50 interessante Positionen, wäre doch geil, die alle mal kennenzulernen!“, sagt er und lädt diese für die Reihe „Artist as Curator“ ein.

„FORM“ ist die fünfte Ausstellung unter diesem Titel. Eingeladen wurde diesmal der Berliner Fotograf Michael Schmid, der vier Künstler für seine Show ausgewählt hat. Die ist dezidiert fotografisch gemeint, zeigt jedoch keine einzige klassische Fotografie. „Ich interessiere mich für Fotografie, die erst mal gar nicht wie solche aussieht,“ sagt er. Schmid schafft Bilder, auf denen Gegenstände des Alltäglichen zu Skulpturen werden, präzise und distanziert. Was spröde ist, ist auch Pop.

Spröde klingt auch die Beschreibung der Arbeiten von Alex Kwok. Der in New York lebende Künstler arbeitet zwischen Fotografie und Skulptur. Von einer kritischen Reflexion der Fotografie in der Konzeptkunst ist die Rede, den Schwierigkeiten des Sehens und der Erfahrung von Präsenz, Erscheinung und Abwesenheit. Gezeigt werden Papierrollen als zarte und leichte Skulpturen.

In dem Video „The Poundbury Horror“ von Yuki Higashino sieht man Häuser, so pittoresk wie beklemmend, manche mit Rostspuren, als bluteten sie, die Straßen menschenleer. Bewegung gibt es nur am Rand, Wolken ziehen vorbei, die Kamera ist völlig statisch. Darüber eine verzerrte Stimme, die von diesem untergegangenen Ort erzählt, über die Mythen des vormodernen Stammes, der hier lebte oder über den degenerierten Prinzen, den es mal gegeben haben soll – und am Ende dann eine Katze, die sich, als wäre sie der letzte Bote der Vergangenheit, zur Ruhe bettet.

Den Prinz allerdings, den gibt es wirklich: Prince Charles. Auf seinem Feldzug gegen das Unheil in der Welt – die moderne Architektur – gründete er im Jahr 1993 das Dorf Poundbury. In Higashinos Arbeit wird die Vision des höchstens als schrullig wahrgenommenen Thronfolgers zu dem, was sie wirklich ist: grotesk und bedrohlich.

Das Künstlerduo Korpys/Löffler macht dann ernst. Aus einem Designklassiker, dem Tischgestell von Egon Eiermann, wird ein Gewehr. Damit zielen sie auf die Ausstellungsarchitektur. Jeder Schuss ein Bild.

Tor 4 am Güterbahnhof, Samstag und Sonntag, 11 bis 18 Uhr