Verliebt, verlobt, vergessen

Bald sitzt er für die AfD im Bundestag. Einst soll er als Hooligan kräftig geprügelt haben. Doch fällt das Urteil früh genug?

Aus Mainz Christoph Schmidt-Lunau

„Wir sind in diesem Verfahren Teilamnesien gewöhnt“, sagt die Richterin. Sebastian Münzen­maier darf noch mal durchatmen: heute keine Parolen. Der AfD-Spitzenkandidat von Rheinland-Pfalz, der künftig im Bundestag sitzen wird, hat einen Belastungszeugen vor sich, der sich schlecht erinnert. Es läuft gerade gut für Münzenmaier. Allein schon diese Verlobung!

Er, Münzenmaier, sitzt diesen Montag auf der Anklagebank in einem Gerichtssaal in Mainz. Die Vorwürfe: gefährliche Körperverletzung, versuchter Raub, Urkundenfälschung. 2012 hatten gut 50 Kaiserslauterner Hooligans eine riesige Schlägerei angezettelt, Dutzende wurden bereits verurteilt. Auch Münzenmaier soll dabei gewesen sein. Ein Zeuge hatte ihn genannt, die Polizei ergiebige Handydaten ausgewertet. Am Tag der Randale hatte Münzenmaier unter anderem per SMS nach Ort und Uhrzeit des Sammelpunkts der Lauterner Schlägertruppe gefragt. Es kamen dann unter anderem die Generation Luzifer, das Pfalz Inferno, die Devil Corps.

Wenn jedoch am 25. Oktober der neu gewählte Bundestag zusammenkommt, genießt der Abgeordnete Münzenmaier zunächst Immunität. Bis zu deren Aufhebung müsste das Gericht dann die Verhandlung unterbrechen. Deshalb ist die Frage von Bedeutung, welche Belastungszeugen sich wohl vorher noch erinnern. Nicht viele.

Seit das Verfahren vor Gericht ist, möchte kaum jemand gegen ihn aussagen. Auch der heutige Zeuge kann sich nicht erinnern, ihn gesehen zu haben. Münzenmaier kann feiern. Auch deshalb: Er und die ebenfalls für heute geladene Zeugin Kerstin B. haben sich verlobt. Als Verlobte darf sie die Aussage verweigern.