Kommentar von Ralf Pauli zum Lehrermangel an deutschen Schulen
: Mathe für Kultusminister!

Die Kultusministerien haben sich gewaltig verrechnet. Und zwar doppelt. Noch 2015 gingen sie von sinkenden Schülerzahlen aus. Sitzen in zehn Jahren weniger Schülerinnen und Schüler im Unterricht, so ihr Kalkül, lassen sich auch Lehrerstellen einsparen. Diese Einsparungen sollten dann den oft maroden Schulen zugutekommen. An sich eine gewiefte Idee.

Aber die „demografische Rendite“, die sich die Länder wünschten, wird nicht kommen. Das kann man ihnen nicht vorwerfen. Wohl aber, wie sie sich einer neuen Prognose bislang verweigern. Schon zum Schuljahreswechsel 2016 mussten die Länder so viele Lehrkräfte neu einstellen wie noch nie zuvor. Zum aktuellen Schuljahr konnten nur fünf Bundesländer alle Stellen besetzen. Doch die MinisterInnen haben bisher noch nicht mal ihre Schülerzahlenprognose korrigiert, von den Bedarfszahlen ganz zu schweigen. Dabei deutet vieles darauf hin, dass 2025 allein an den Grundschulen – wie eine aktuelle Bertelsmann-Studie schätzt – 24.000 neue Pädagoginnen und Pädagogen gebraucht werden.

Man kann sich nur wünschen, dass die Politik auf den Lehrermangel endlich angemessen reagiert: Momentan retten sich viele Länder mit kreativen Notmaßnahmen von Schuljahr von Schuljahr. Doch anstatt Pensionäre zu rekrutieren, Studierende auf Schulklassen loszulassen oder – wie in Niedersachsen – Gymnasiallehrer an die Grundschulen zu ordern, um die Lücken zu stopfen, muss endlich ein durchdachtes Konzept her. Eins, das Studienplätze ausweitet (was vereinzelt passiert ist, aber nicht reicht), den Beruf attraktiver macht – vor allem für die im Vergleich schlecht bezahlten Grundschullehrer – und vor allem die Augen nicht vor weiteren Schülerwachstumsfaktoren wie dem bislang ausgesetzten Familiennachzug verschließt.

Es ist schlimm genug, wie die scheidende Regierung mit Schutzsuchenden (und Schutzberechtigten) umgeht. Was die meisten Länder noch nicht verstanden haben: dass geflüchtete Lehrkräfte ein Teil der Lösung sein können. Jetzt nicht darum zu werben, dass wir – auch um deren Zukunft willen – künftig deutlich mehr Lehrer und Lehrerinnen brauchen, ist falsch. Und führt später nur zu Bild-Schlagzeilen à la „Flüchtlingskinder für Lehrermangel verantwortlich“.

Gerade wurden an der Uni Potsdam die ersten 28 Refugee Teachers in den Schuldienst entlassen. Solche Projekte könnten die KultusministerInnen viel stärker fördern. Das würde sich nicht nur für den Lehrkräftebedarf auszahlen, sondern auch für die gelungene Integration der neuen Schülerinnen und Schüler.