Hantieren mit Notfallbesteck

Der 1. FC Köln versucht, eine originelle Antwort auf die Krise in der Fußball-Bundesliga zu finden: Nicht Cheftrainer Peter Stöger muss nach neun Spieltagen gehen, sondern Manager Jörg Schmadtke

„Wir waren ein sehr gutes Team“: Peter Stöger, der Coach, darf bleiben, Jörg Schmadtke (l.) nicht Foto: dpa

Aus Köln Andreas Morbach

Am Dienstagvormittag war mächtig Betrieb auf dem Parkplatz vorm Geißbockheim. Am Vorabend hatte der 1. FC Köln die Trennung von Sportchef Jörg Schmadtke vollzogen, „in beiderseitigem Einvernehmen“, wie offiziell übermittelt wurde. Und nun stand für die verbliebenen Verantwortlichen des abgeschlagenen Liga-Schlusslichts die komplizierte Zukunftsgestaltung an. Finanzboss Alexander Wehrle tauchte schon sehr früh im Kölner Grüngürtel auf, Vizepräsident Toni Schumacher stieß bald zu ihm. Und gegen zehn Uhr fuhren dann nacheinander auch Schumachers Kollege Markus Ritterbach und Präsident Werner Spinner vor dem idyllisch gelegenen Sitz des Geißbockklubs vor.

Ausgewiesene Fußballexperten sind diese Herren mit Ausnahme des Vizeweltmeisters Schumacher alle nicht. Deshalb lag nahe, was das Kluboberhaupt nach dem Krisentreffen verkündete. Man sei auf diese Situation ja nicht vorbereitet gewesen, entsprechend sorgfältig werde der Verein nun nach einem Nachfolger für Schmadtke suchen. Das sagte Präsident Spinner – und präsentierte das kölnische Notfallbesteck: „Im Hinblick auf die Winter-Transferperiode wird sich Sportdirektor Jörg Jakobs mit Trainer Peter Stöger und dem Scouting-Team abstimmen.“

Die Kaderplanung beim Tabellenletzten liegt bis auf Weiteres also in den Händen jenes Mannes, der noch zu Zeiten des Cheftrainers Holger Stanislawski zu den Domstädtern stieß. Zuvor Chefscout bei Hannover 96, wurde der ausgebildete Sportwissenschaftler Jakobs im Mai 2012 als Sportlicher Leiter vorgestellt. Ein Jahr, bevor Schmadtke und Stöger ihr bis zu diesem Sommer überaus erfolgreiches Werk in Köln aufnahmen. Vom Leiter Lizenzbereich über den Posten als Chefscout bis hin zum Sportdirektor und Leiter der Nachwuchsabteilung bekleidete Jakobs seitdem so ungefähr jeden Job, der beim FC zu vergeben war.

Der gebürtige Trierer, nebenher auch ausgestattet mit der Fußballlehrerlizenz, erledigte die unangenehme Schuttbeseitigung nach dem bislang letzten Abstieg des Vereins vor fünf Jahren. Etwas in den Hintergrund gerückt war der 47-jährige, weil es zum Bruch mit seinem langjährigen Vertrauten Jörg Schmadtke gekommen sein soll. Im Fahrwasser der missratenen Transferperiode in diesem Sommer war zuletzt auch von einem Zerwürfnis zwischen Schmadtke und Stöger die Rede. Dem trat Kölns Chefcoach nach dem Abgang des Geschäftsführers Sport nun allerdings entgegen, indem er betonte: „Diese Gerüchte stimmen nicht. Zwischen uns war alles wie immer, wir waren ein sehr gutes Team.“ Von dem Schritt, den Schmadtke und der Verein nun vollzogen haben, sei er „total überrascht gewesen“, erklärte der Österreicher noch. „Damit hatte ich wenig gerechnet.“

Nach der ­missratenen Transferperiode ging’s bergab

Ein solches Ende seiner Kölner Zeit hätte sich wohl auch Jörg Schmadtke bis vor wenigen Wochen nicht ausgemalt. Eher zufällig war der frühere Torhüter in den Managerberuf gerutscht. Zunächst studierte er eine Zeit lang Maschinenbau, dann BWL – und arbeitete vor seiner ersten Anstellung als Sportdirektor bei Alemannia Aachen (worum er sich auf eine Anzeige im kicker bewarb) für ein amerikanisches Bauunternehmen. Nach vier Jahren in Hannover kam er 2013 schließlich nach Köln – und ausgerechnet dort schien der gebürtige Düsseldorfer sein berufliches Glück gefunden zu haben.

Nach gut vier Jahren war nun aber auch beim FC Schluss mit lustig. Offenkundig stolperte Schmadtke dabei über seine zurückhaltende Einkaufspolitik – die ihm in den Jahren zuvor immer positiv und als kluge Weitsicht ausgelegt worden war. Zum Teil wollte, zum Teil konnte der 53-Jährige die 35 Millionen Euro, die der Transfer von Torjäger Anthony Modeste nach China in die Klubkasse gespült hatte, nicht im großen Stil reinvestieren. In der vergangenen Woche musste er sich nach der Europa-League-Niederlage in Borissow dann zudem die „Schmadtke raus“-Rufe der Fans anhören.