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: Ein Land allein ist halt zu klein

Im Männervolleyball tritt ein österreichisch-deutsches Team an. Eine Antwort auf Nationalismus

Gut möglich, dass sich bald der FC Barcelona für die deutsche Volleyballbundesliga interessiert: Dort lässt sich nämlich studieren, wie sportlicher Erfolg zu organisieren ist, wenn man den bisherigen Nationalstaat hinter sich lässt.

„Hypo Tirol Alpenvolley Haching“ heißt der erste deutsch-österreichische Bundesligist, der am Sonntag zu Beginn der Volleyballsaison aufschlagen wird. Es geht gleich gegen den VfB Friedrichshafen, 13-maliger Deutscher Meister, aktueller Pokalsieger und einer der ganz Großen der nicht ganz so großen hiesigen Volleyballszene.

Bislang spielte Hypo Tirol als Innsbrucker Verein in der österreichischen Liga. Aber, sagt Manager und Finanzier Hannes Kronthaler, „es war immer dasselbe: österreichischer Meister und Pokalsieger, dann in der Cham­pions-League-Vorrunde raus“. Sein Geld verdient Kronthaler als Bauunternehmer, und entsprechend betriebswirtschaftlich begründet er seinen Gang nach Deutschland: „In Österreich gab es für uns kein Steigerungspotenzial mehr. Da stumpft das Produkt ab.“

Eine Wildcardregelung im deutschen Volleyball ermöglichte die Fusion mit dem TSV Unterhaching, der, obwohl nur Zweitligaaufsteiger, einen Platz für die oberste Klasse beantragt hatte. Geld und die meisten Spieler kommen aus Österreich, zunächst werden auch die meisten Heimspiele in Innsbruck ausgetragen.

Wenn die eigene Liga zu schwach ist, warum nicht einfach ins Ausland wechseln? So ganz neu ist die Strategie nicht, die Innsbruck verfolgt. Der berühmteste Klub, der sich in die Liga eines Nachbarlandes geschlagen hat, ist der AS Monaco – immerhin amtierender französischer Fußballmeister. Aus ähnlichen Gründen kickt San Marino Calcio in der dritten italienischen Liga, der FC Vaduz aus Liechtenstein ist gerade aus der ersten Schweizer Liga abgestiegen, das walisische Swansea City spielt in der englischen Premier League, und Cardiff City, auch aus Wales, kickt dort eine Liga tiefer.

Sportökonomie schlägt hier Sportnationalismus. Denn es gibt etwa in Wales eine Fußballliga, und ganz unmöglich ist der Gedanke, auch in Zwergstaaten wie Monaco oder San Marino so etwas zu installieren, auch nicht. Aber die genannten Klubs sind halt alle zu gut für den Sport ihres Landes.

Solche Fälle gibt es häufiger, als man glaubt: Auch die Wasserfreunde Spandau, der deutsche Wasserballabonnementsieger, könnte sich Gedanken machen, ob er nicht anderswo mehr gefordert wäre. Es gibt bloß in keinem Nachbarland eine wirtschaftlich starke Wasserballliga.

Aber das Modell, das die Alpenvolleys jetzt vorgeben, ist ja nicht etwas für Exoten, bei denen alles egal ist. Gegen wen sollte etwa ein FC Barcelona in einer katalanischen ersten Liga spielen? Dann doch lieber in Frankreich in der Ligue 1 anmelden.

Das Verschieben eines Klubs in die Liga eines anderen Landes gehorcht den üblichen Verwertungszwängen, denen eben auch Sportvereine unterliegen: dahin gehen, wo mehr Geld wartet.

Die Alternative wäre die große Lösung: eine regelmäßige europäische Liga, größer organisiert als die derzeitigen Champions Leagues in den verschiedenen Sportarten. Aber in Europa grassiert die Kleinstaate- und Abspalterei, und das Heimatland der Alpenvolleys steht mit seiner aktuellen politischen Situation ja auch eher nicht für europäische Weltläufigkeit.

Es mag irritierend klingen, vielleicht auch etwas altmodisch: Aber die kapitalistische Tendenz, Grenzen einzureißen, ist im Sport erfolgversprechender als eine national-bornierte Strategie, die Konkurrenz einfach draußen zu lassen. Martin Krauß