wie machen sie das?
: Die Museums-Aufpasserin

Friederike von Fallois, 57, wacht seit mehr als 25 Jahren über die Kunstwerke der Berlinischen Galerie. Museumswärterin hieß der Beruf früher, heute lautet ihr Titel „Besucherbetreuerin“.

taz.am wochenende: Frau von Fallois, Sie stehen bis zu acht Stunden am Tag im Museum, oft in einem einzigen Ausstellungsraum und langweilen sich dabei nicht. Wie machen Sie das?

Friederike von Fallois: Ich bin Museumswärterin aus Liebe zur Kunst geworden. Die Kunst wird mir nie langweilig, sie ist meine Motivation. Ich wollte mir damals mit der Arbeit das Kunststudium finanzieren. Dann bin ich aus der Faszination für die Berlinische Galerie und ihre Werke dabeigeblieben.

Sie müssen ja ständig einen Blick auf die Bilder haben, damit kein Besucher sie beschädigt. Wird das nicht irgendwann öde, so ganz ohne Abwechslung?

Nein, ich könnte mich nie sattsehen. Natürlich driftet man auch mal ab. Doch selbst, wenn ich einen Moment ganz gefangen bin in einem Tagtraum, kann es passieren, dass ich auf einmal eine Farbe, eine Form oder eine besondere Strichkomposition bemerkte, die mir noch nie aufgefallen war. Durch ein scheinbar winziges Detail entdecke ich so ein Bild plötzlich völlig aufs Neue. Das ist das Spannende an meiner Arbeit.

Schauen Sie zwischendurch auch mal aufs Smartphone?

Nein, das geht natürlich nicht. Schließlich ist es meine Aufgabe, alles im Auge zu behalten.

Aber mit Kunstbanausen streiten dürfen Sie, oder?

Klar, insbesondere zeitgenössische Kunst gefällt nicht jedem. Manchmal bemerke ich bei Gästen eine Art Hilflosigkeit in Bezug auf solche Werke, da gehe ich dann gern auf die Leute zu. Gerade da entstehen die spannendsten Gespräche.

Über welchen Künstler sprechen sie besonders gern?

Ein Künstler wie Felix Nussbaum, der täglich neu begonnen hat, der berührt mich sehr. Oder Dorothy Iannone, die als Pionierin allen Widrigkeiten zum Trotz stets an ihre Arbeit geglaubt hat und sich mit ihrem Kunstverständnis durchgesetzt hat. Wenn ich spüre, dass der Künstler zutiefst bewegt war von einem Thema, dann langweilt mich sein Werk auch beim abertausendsten Anblick nicht.

Aus der obsessiven Liebe zur Kunst stehlen drei alternde Museumswärter im Film „Bruchreif“ ihre Lieblingsstücke, als diese ausgelagert werden sollen. Fühlen Sie ähnlich stark für „Ihre“ Werke?

Dass man die Werke manchmal gern ganz für sich allein hätte, kann ich gut verstehen. Ich male mir bei der Arbeit schon auch mal aus, wie das wäre, die Bilder bei mir zu Hause hängen zu haben. Und doch überwiegt letztlich meine Begeisterung dafür, die Kunstwerke mit anderen zu teilen.

Interview: Lisa Dittmer